Hybridantriebssysteme im Kraftfahrzeugbau sind die Kombination aus Otto- oder Diesel-Motor (Verbrennungsmotor) und einer Elektromaschine mit einem Stromspeicher in Form eines Akkumulators oder Doppelschicht-Kondensators. In der Praxis handelt es sich meist um die Kombination aus einem Verbrennungsmotor und einem oder mehreren Elektromotoren. In der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring hielten 2010 mit dem Porsche 911 GT3 R Hybrid die Hybridantriebssysteme Einzug. 2012 folgt nun der P4/5 Competizione Hybrid. Jetzt ausgerüstet mit einem Hybridantriebssystem.

Längst haben Hybridantriebssysteme auch im Motorsport Einzug gehalten. In der Formel 1 wurde ab der Saison 2009 ein System unter der Bezeichnung KERS zugelassen. „KERS Kinetic Energy Recovery System“ (System zur Rückgewinnung kinetischer Energie). Mit der Energierückgewinnung (Rekuperation) und Hybridantrieb sollen Rennfahrzeuge nach dem Wunsch des internationalen Automobilsport-Verbandes FIA umweltfreundlicher werden. Um auch langfristig eine gesellschaftliche Akzeptanz des Motorsports und somit ein Überleben des Motorsports zu erreichen, ist diese Technologie einer von vielen notwendigen Schritten.
Bereits seit 1996 entwickelten Formel 1 – Techniker Hybridantriebssysteme. 1998 wurde dann ein KERS bei Mc Laren – Mercedes eingesetzt. Mika Häkkinen und David Coulthard fuhren damit einen überlegenen Doppelsieg beim Großen Preis von Australien ein. Danach wurde das System durch die FIA wieder verboten. Nach langer Diskussion erfolgte die erneute Zulassung in der Formel 1 ab der Saison 2009. Jeder Rennstall kann eine eigene KERS-Technologie entwickeln und in den Formel 1 verbauen.
Seit der Saison 2009 stehen somit neben den rund 800 PS der Verbrennungsmotore zusätzliche 60 kW (82 PS) für 6,6 Sekunden pro Runde zur Verfügung. Ab der Saison 2014 kommen in der Formel 1 statt der 2,4-Liter-V8-Zylinder-Saugmotore 1,6-Liter-V6-Zylinder-Turbomotore zum Einsatz. Gleichzeitig wird die Leistung des KERS auf 120 kW (163 PS) verdoppelt und es wird 8,3 statt 6,6 Sekundenpro Runde abrufbar sein. Bei welcher Leistung dann die Verbrennungsmotore liegen werden, ist noch nicht sicher.
Auch bei den Prototypen sind längst Hybridantriebssysteme in der Entwicklung und kommen sukzessive zum Einsatz.
In der Formel 1 kommen zwei verschiedene KERS-Varianten zum Einsatz. Die meisten Rennställe setzen auf die elektromotorische Bremse. Hier wird die beim Bremsen umzuwandelnde kinetische Energie statt in thermische Energie durch einen Generator in elektrische Energie gewandelt und in Akkumulatoren gespeichert. Diese Energie kann danach für eine kurze Zeit einen zusätzlichen Elektromotor betreiben, dessen Leistung sich in Beschleunigungsphasen ergänzend zum Verbrennungsmotor nutzen läßt.
Bei der mechanischen Variante wird in einem Vakuumzylinder ein rotierendes Schwungradsystem durch den Bremsvorgang beschleunigt und dieses kann zu einem späteren Zeitpunkt die gespeicherte Energie über ein stufenloses Getriebe wieder an die Antriebsachse abgeben. Dieses Verfahren wurde vom Rennstall Williams verfolgt. Von Porsche wird diese Technik im GT-Rennwagen Porsche 911 GT3 R Hybrid eingesetzt.
Der Porsche 911 GT3 R Hybrid
Der Porsche 911 GT3 R Hybrid kam in der Saison 2010 erstmals in der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring und beim 24-Stunden-Rennen vom Nürburgring zum Einsatz. Gewertet wurde der Wagen in der VLN-Specials-Klasse E1-XP. In einer Klasse mit „reinrassigen“ Rennwagen der FIA-GT-Wagen-Klasse GT2 (GT-Wagen) wie dem BMW M3 GT2.
Der Porsche 911(997) GT3 R Hybrid verwendet ein KERS von Williams Hybrid Power (WHP), einem Tochterunternehmen des britischen Formel 1- Rennstalles Williams.
Dieser Schwungradspeicher ist eine Elektromaschine, dessen Rotor mit bis zu 36.000 U/min kreist, um Rotationsenergie zu speichern. Die Aufladung erfolgt, wenn bei Bremsvorgängen die beiden Elektromaschinen an der Vorderachse ihre Funktion umkehren und als Generatoren arbeiten. Aus dem geladenen Schwungradspeicher kann der Fahrer auf Knopfdruck dessen gespeicherte Energie abrufen und bei Beschleunigungs- oder Überholvorgängen einsetzen. Dabei wird das Schwungrad elektromagnetisch abgebremst, um dann aus seiner Bewegungsenergie bis zu zweimal 75 kW zusätzlich an die beiden Elektromaschinen der Vorderachse zu liefern. Durch den Hybridantrieb kann also neben den 465 PS des Verbrennungsmotors kurzzeitig für wenige Sekunden (6 bis 8 Sekunden nach jedem Ladevorgang des Schwungradspeichers) eine zusätzliche Leistung von zweimal 75 kW (zweimal 102 PS – also zusammen 204 PS) aus den beiden Elektromaschinen abgerufen werden. Somit verfügt der 911 GT3 R Hybrid kurzzeitig über eine Leistung von 669 PS. In der VLN liegen derzeit die leistungsstärksten Fahrzeuge im Bereich zwischen 460 PS und 560 PS (mit Verbrennungsmotoren ohne Hybridsysteme) mit maximalen Drehmomenten zwischen 400 Nm und 600 Nm.
Die Zusatzleistung steht bei voller Aufladung rund acht Sekunden zur Verfügung. Beim erfolgreichen 911 GT3 R Hybrid kann diese Zusatzleistung je nach Rennsituation auch verbrauchsorientiert eingesetzt werden, zum Beispiel durch spätere Boxenstopps oder eine Verringerung des Tankvolumens und damit des Fahrzeuggewichtes.
Das VLN-Debüt des Hybrid-Porsche mit mechanischem KERS erfolgte am 27. März 2010. Beim 24-Stunden-Rennen am Nürburgring 2010 schied der Wagen nach 22 Stunden, in Führung liegend, mit technischem Defekt aus. Die Ölpumpe für die Trockensumpfschmierung des Motors versagte, was zu einem kapitalen Motorschaden führte.
Am 28. Mai 2011 konnte der 911 GT3 R Hybrid erstmals einen Gesamtsieg in einem VLN-Rennen einfahren. Dabei wurde bereits eine weiterentwickelte Version des 2010er Modells eingesetzt.
Der Porsche 918 RSR – Rennlabor mit Hybrid
2011 präsentierte Porsche das Mittelmotor-Sportwagen-Coupé 918 RSR als Technologieträger für die weitere Entwicklungsarbeit im Bereich der Hybrid-Technologie. Der Porsche 918 RSR ist eine Synthese aus der erfolgreichen Hybrid-Technologie des GT-Rennwagens 911 GT3 R Hybrid und des Design des Sportwagen-Roadster 918 Spyder.
Es handelt sich um einen Technologieträger. Über eine Produktion bzw. einen Renneinsatz des Fahrzeugs wurde seitens Porsche bisher noch nicht endgültig entschieden.
Der N.Technology P4/5 Competizione Hybrid
Mit dem von der Scuderia Cameron Glickenhaus des US-Amerikaners James Glickenhaus in Zusammenarbeit mit dem aus der Tourenwagen-WM sehr erfahrenen italienischen Rennstall N.Technology eingesetzten N.Technology P4/5 mit der Technik eines Ferrari F430 GT2, also eines „reinrassigen“ Rennwagens der FIA-GT-Wagen-Klasse GT2 unter dem schicken Kohlefaserkleid startet in der VLN-Specials-Klasse E1-XP auch ein ausgesprochener Exot. Ein 4-Liter-V8-Zylinder-Saugmotor arbeitet in diesem Wagen mit der Optik eines geschlossenen Prototypen, der Replik des legendären Ferrari 330P4 – ein geschlossener Prototyp, der Ende der 60er Jahre in den großen Langstreckenrennen erfolgreich war. Der Ferrari 330P4 war ein geschlossener Prototyp mit einem 4-Liter-V12-Zylinder-Saugmotor mit 450 PS, den die Scuderia Ferrari 1967 in der damaligen Prototypen-WM einsetzte.
Beim letztjährigen 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife war der spektakuläre P4/5 Competizione (noch ohne Hybridantriebssystem) ein echter Augenschmaus. Das Fahrzeug wurde bei der Jagd in der „Grünen Hölle“ im vergangenen Jahr noch durch technische Probleme zurückgeworfen.
Die Techniker um den Entwickler, den Italiener Paolo Garella nahmen sich den Wagen, der auf Basis eines Ferrari F430 GT2 entstanden war, noch einmal intensiv zur Brust. Die Front wurde überarbeitet, ein neuer Unterboden konzipiert, der Heckflügel verändert und am Motor gearbeitet. Es wurden viele Verbesserungen im Bereich der Aerodynamik entworfen, die größte Änderung befindet sich aber im Antriebskonzept des Fahrzeugs. Der P4/5 wird in dieser Saison mit einem Hybridantriebssystem ausgestattet, das vom italienischen Hersteller Magneti Marelli stammt.
Bei der Scuderia entschied man sich sehr kurzfristig für die entsprechende Umrüstung. Der P4/5 soll auch weiterhin optisch an die traditionellen Formen des Ferrari 330P4 erinnern, darunter aber auf modernste Technik setzen. Das KERS wird seit vergangenem Jahr bei Magneti Marelli auf die Anforderungen des P4/5 Competizione angepaßt. Relativ kleine Batterien werden im Beifahrerraum untergebracht. Über einen Elektromotor werden 30 KW (41 PS) zusätzlich an die Hinterachse abgegeben.
Das Hybridantriebssystem des P4/5 basiert auf jenem KERS, das die Formel 1 – Rennställe Red Bull und Toro Rosso in der Formel 1 verwenden. Für die Langstreckenrennen in der VLN wird das System durch Magneti Marelli weiterentwickelt. Im Februar soll der Einbau der Komponenten ins Fahrzeug erfolgen, im März soll getestet werden.
Der P4/5 Hybrid soll seinen ersten Renneinsatz beim VLN-Lauf am 14. April erleben, anschließend fährt man auch beim VLN-Lauf am letzten Aprilwochenende.
In den 80er Jahren tendierte in der Bundesrepublik mit dem Erstarken der Umweltbewegung und der Grünen die breite gesellschaftliche Akzeptanz des Motorsports allmählich gegen Null. Die zunehmende Nicht-Genehmigung von Motorsportveranstaltungen – vor allem im Rallyesport – war eine der Auswirkungen. Der Motorsport mußte sich der zunehmenden Umweltdiskussion stellen. Eine Vorreiterrolle bei der Einführung von Abgaskatalysatoren und der Begrenzung der Geräuschpegel waren wichtige erste Schritte dazu. Auch wenn nicht von jedem Motorsportfreund begrüßt, war es aus heutiger Sicht – vor allem für den seinerzeit sehr im Fokus der Diskussion stehenden Rallyesport – definitiv der richtige Weg. Wer als Freund des Motorsports möchte, daß auch langfristig Motorsport möglich ist, sollte seine Scheuklappen ablegen und darf die Augen vor den Fragen der Zukunft nicht verschließen. Noch besser ist es, wenn der Motorsport selbst Antworten auf diese Fragen findet, bevor andere die entsprechenden Antworten finden, die dann nicht unbedingt im Interesse dieses Sports sein werden. Hybridantriebssysteme sind somit ein wichtiger weiterer Meilenstein für den Motorsport der Zukunft.

Fotos: Hardy Elis (Ring1), Detlef Sauer (Ring1)

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