Während die Halbwertzeit des Starterfeldes vieler Rennserien nur wenige Jahre beträgt, ist die Langstreckenmeisterschaft Nürburgring vor allem für Ihre treuen Teilnehmer bekannt. Viele Namen wie z.B. Scheid, Alzen, Manthey oder die unvergessenen Dören und Richter, tauchen über Jahrzehnte in den Ergebnislisten auf, manche sogar generationsübergreifend. So auch bei einem besonders einprägsamen Namen der Langstrecke: Schall

Während wir uns im letzen Artikel mit Andreas Schall befasst haben, ist heute sein Sohn, Ralf Schall der Hauptakteur der nächsten Zeilen.

„Grundsätzlich ist Motorsport nur Hobby.“ Dieser Satz sitzt. Liebe Leser, wollen wir das glauben?

Als diese Worte fallen ist es Samstag, der 26.01.2008 und der Verfasser dieser Zeilen befindet sich gerade in diesem Moment mit Ralf Schall im Auto und führt ein Interview.

Szenenwechsel. Wir schreiben das Jahr 1986. Aller Anfang ist schwer. Manchmal schmerzt er sogar. So auch der Beginn der aktiven motorsportlichen Laufbahn von Ralf Schall. Nachdem der Spross eines rennsportbegeisterten Vaters quasi schon im Mutterleib mit dem Motorsportvirus infiziert wurde - wir berichteten - wollte es Ralf nun selber wissen.

Die ersten Rennsporterfahrungen machte Ralf Schall mit dem Motorrad. Dass die Anfänge der Moto-Cross Zeit schmerzhaft waren und so manchen Knochenbruch beinhalteten, hinderte den großen Blonden nicht daran, weiter an sich zu arbeiten. Mit der Zeit wurden die Stürze seltener, die Erfolge dafür umso häufiger.



(K)eine saubere Angelegenheit: Entgegen dem Tourenwagensport muss man sich beim Moto-Crossen auf andere Bedingungen einstellen





Nachdem Ralf Schall, der übrigens begeistert von US-Moto-Crosser Ricky Carmichael ist, auf regionaler Ebene beachtliche Erfolge erzielen konnte, folgte das, was vermutlich schon insgeheim vorbestimmt war: Der Nürburgring.

1989 war es ein Honda Civic, mit dem Schall seine ersten Rennen auf der Nordschleife im Rahmen des Veedol Langstreckenpokals bestritt. Wieder einmal bewies sich eine Regel des Motorsports. Wer auf dem Motorrad im Rennen schnell unterwegs ist, der findet sich zumeist auch mit einem Rennwagen gut zurecht. So auch Schall. „Im Gegensatz zu den ersten Moto-Cross-Rennen habe ich im Rennauto von Anfang an sehr wenige Fehler gemacht, die Erfahrungen aus dem Moto-Cross Sport hat mir dabei sehr viel geholfen.“

Auch der nächste Schritt scheint aus heutiger Sicht schon fast vorbestimmt. Ein Jahr nach dem Debüt in der Langstrecke spannt Ralf zusammen mit seinem Vater Andreas. Das Einsatzgerät, ein Ford Escort RS 2000 wurde in der stark besetzten Gruppe H bis 2 Liter Hubraum flott vom Vater- und Sohn-Gespann um die Nürburg bewegt. Irgendwann stießen beide Schalls jedoch an Grenzen. Diese waren weniger mit der eigenen Leistungsfähigkeit verbunden, sondern vielmehr mit der des Renngeräts. „Je schneller das Auto wurde, desto mehr Ausfälle hatten wir.“, so Ralf Schall. Ein neues Fahrzeug musste her.



Zwei Generationen vereint: Schall Ford Escort RS 2000 und Mercedes-Benz 190 Evo II im heimischen Dornstadt

Man kam, sah, mehr oder weniger, und siegte – ohne es zu wissen. So jedenfalls empfand Ralf Schall das erste Rennen im DTM Mercedes 190 Evo II.

„Wir kommen im März 1994 zum ersten VLN-Lauf, das Auto ist gerade so fertig geworden. Wir hatten null Erfahrung mit einem DTM-Auto, am Ring herrschte richtiges Sauwetter mit Schneeregen. Es kommt zum Rennabbruch - und wir holen den Gesamtsieg! Ich habe damals erst in der Box erfahren, dass wir gewonnen haben, da ich die Boxentafel falsch gelesen hatte. Ich glaubte zu dem Zeitpunkt, mein Rückstand auf den DTM-BMW M3 von Felder und Möller wird immer größer, dabei war ich schon lange auf Platz 1 und mein Vorsprung wurde immer größer…“

Es war der Anfang einer zehn Jahre währenden Liebe, die wie jede spannende Beziehung, ihre Höhen und Tiefen hatte. Die Highlights waren mit Sicherheit die 5 Gesamtsiege am Ring. Besonders einprägsam für Ralf Schall war zum Beispiel, wie er 1997 im strömenden Regen die Pole-Position vor dem gelben Zakspeed-Mercedes von Peter Zakowski und Hans-Jürgen Thiemann holte und beide Schalls diese im Rennen in einen Gesamtsieg vor dem Alzen-Porsche ummünzten. Ebenso unvergesslich ist für ihn auch der Gesamtsieg beim 6-Stunden Rennen 1998: „Wir sind von der Pole-Position gestartet und als einzige mit nur 2 Tankstopps durchgefahren, da wir etwas Drehzahl zurückgenommen haben um Sprit zu sparen.“

Eine große Hilfe für Ralf Schall waren in dieser Zeit vor allem zwei weitere Urgesteine der VLN. Olaf Manthey und der unvergessene Ulli Richter. Diese setzten seit 1992 einen 190er DTM-Mercedes in der Langstrecke ein. Manthey fuhr damit zudem Rennen in der DTM.

Zwischen den beiden Mercedes-Teams entstand eine starke Wertschätzung und Sympathie, die bis heute keinen Abbruch gefunden hat.

„Wir hatten von Anfang an ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Markenkollegen Olaf Manthey und Ulli Richter im werksunterstützten 190er EVO II. Ich habe von Olaf sehr viel gelernt und profitiere noch heute von Tipps die er mir gegeben hat. Er war sehr geduldig, denn es hat immer sehr lange gedauert bis ihn meine vielen Fragen genervt haben…“

Somit ist es nicht verwunderlich, das Olaf Manthey neben Volker Strycek und natürlich seinem Vater die prägenden Persönlichkeiten im Motorsportleben von Ralf Schall waren und bis heute sind.

Noch heute trauern viele Fans rund um die Nordschleife, dass die Mercedes-Ära mit dem Ablauf der Saison 2003 endete. Der einprägsame Klang der Vierzylinder-Motoren der „guten, alten“ DTM wird seitdem schmerzlich vermisst. Uns sagte Ralf Schall, dass er plant, den 190er für ein letztes Rennen zu reaktivieren. Wer Ralf Schall kennt weiß, ein Schall, ein Wort. Oder wie Ralf Schall es selbst auszudrücken pflegt „Wir Schalls stehen zu unserem Wort!“

Mit dem Beginn der Saison 2004 verdoppelte sich die Zahl der Zylinder. Die drei Buchstaben „DTM“ blieben. Wenn auch nicht mehr der Stern den Weg wies, sondern der Blitz.

Das zweite große motorsportliche Vorbild von Ralf Schall sollte dafür sorgen, dass im Feld der VLN ein weiterer Augenschmauß zu finden sein würde: Die Zeit des Opel Astra Coupé war gekommen. Der Testträger für das 24h-Rennen am Nürburgring 2004 ging über in den Besitz der Dornstädter.„Wir haben den Opel Astra aus der DTM erworben, weil wir nicht eines unter vielen Porsche-Teams sein wollten.“ Jedoch nicht, dass dabei ein falscher Eindruck entsteht: „Es würde mich unheimlich reizen, ein mal einen schnellen Porsche zu fahren, zum Beispiel beim 24h-Rennen“ so Ralf Schall.

Mit dem feuerspuckenden Opel wurden in den letzten vier Jahren viele Podestplätze eingefahren. Draußen an der Nordschleife ist es eines der beliebtesten Fahrzeuge, nicht zuletzt aufgrund der Fahrerpaarung- bzw. Trios.



Generationsübergreifende Verständigung: Vater und Sohn Schall besprechen die Taktik kurz vor dem Start zum VLN-Rennen

Nur seltene Situationen ließen Schall motorsportlich fremd gehen. So das 24h-Rennen, das Ralf schon drei mal mit der „Getrag-Truppe“ fuhr. „Das Bäder-Getrag-Team ist eine super Truppe, es macht mir immer einen Riesenspaß in diesem Team zu fahren.“

Dabei stört es auch gar nicht, wenn sich Ralf Schall als „Fachidiot“ bezeichnet, da er nach eigenen Angaben „noch nie ein Auto-Rennen auf einer anderen Strecke gefahren“ ist. Noch nie? Doch, ein mal! 2006 ersetzte Ralf Schall bei einem Bergrennen in Mickhausen einen erkrankten Fahrer auf einem DTM Opel. Der Dornstädter erinnert sich dabei vor allem an schlimmen Schmerzen in den Füssen. Nicht des Fahrens wegen. Nein, vielmehr wegen der langen Wartezeiten zwischen den Läufen. Das sind die Füße eines VLN-Fahrers nicht gewöhnt.

Das Motorsport da „grundsätzlich“ nur „Hobby“ ist, wer bitte schön mag das nach diesen Zeilen noch glauben?

Wenn Ralf Schall ein VLN-Wochenende nach eigenen Worten wie „zwei Wochen Urlaub“ bezeichnet, lässt das wohl darauf schließen, dass es sich hierbei um mehr als „nur Hobby“ handelt. Ralf, das glaubt Dir keiner!

Vielmehr ist der Rennsport eine große Leidenschaft und ein Privileg, das er zu schätzen weiß. Doch was ein richtiger Schwabe ist, der spart so manches Mal an großen Worten…

Neben den Rennen halten Ralf Schall vor allem seine vier Frauen auf Trab. Der stolze Vater von drei Töchtern lässt sich dabei ungern in der wenigen Zeit, die ihm als Geschäftsführer eines Autohauses bleibt, stören.

Wann immer es diese wenige Zeit dann noch erlaubt, dreht Ralf ein paar Runden auf einem kleinen Moto-Cross Parcours, den er eigens zwischen A8 und Autohaus errichtet hat. Diese Fitness-Einlagen, die so manchen Autofahrer auf der Autobahn in arges Staunen versetzt oder spontan zum Hupen aus Anerkennung verleitet, halten den 38jährigen fit.



Nächster Landeplatz: Stuttgart Airport! Ralf Schall auf der hauseigenen Moto-Cross Strecke parallel zur A8



Keine Angst vorm Matsch: Ralf Schall im Moto-Cross Outfit samt Ring1.tv-Helmkamera und einer gehörigen Menge Dreck auf der Linse

Doch das ist nicht alles, was Ralf Schall betreibt, um eine gute Figur zu machen. Im ortsansässigen Triathlon-Verein nimmt er an der einen oder anderen Trainingseinheit teil, jedoch unter völliger Missachtung des Triathlon-Gedankens: „Fahrradfahren ist nichts für mich, da fahre ich lieber Motorrad…“ Nach mehreren Halbmarathons ist 2009 nach dem 40. Geburtstag der erste 42km-Lauf geplant. „Das habe ich mir schon vor über 10 Jahren vorgenommen, mit 40 muss man ein „Highlight“ setzen.“

Somit wird Ralf Schall auch 2008 – also zum 20. Mal in seiner Motorsportlaufbahn, topvorbereitet in seinen Rennwagen steigen, um einem Namen alle Ehre zu machen, der zu den bekanntesten, erfolgreichsten und beliebtesten der Langstrecke am Nürburgring gehört und gemessen an den Einsatzjahren seines Vaters noch nicht einmal seine Halbwertzeit erreicht hat.

Das ganze Ring1-Team dankt der Familie Schall für den tollen Tag in Dornstadt! Wir sehen uns am Ring!



Von links: Frank Uhlig, Alexander Grützner, Bernd Fenske, Ralf Schall, Andreas Schall, Michel Pathe, Oliver von Fragstein, Christian Reinsch

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