Geschichte kann spannend sein, sogar sehr spannend. Motorsport-Geschichte macht da keine Ausnahme. Und historische Rennfahrzeuge faszinieren mehr denn je, sei es in reinen Rennveranstaltungen für Oldtimer und Youngtimer oder sei es als moderne Klassiker in der Gruppe H im Rahmen von Rallyes, Bergrennen, Leitungsprüfungen und Langstreckenrennen wie der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring. In unserer kleinen Reihe – die Gruppen der VLN in der Saison 2011 – widmen wir uns heute nach den VLN-Serienwagen (21.07.2011) und den VLN-Cup-Fahrzeugen (26.07.2011) der Gruppe H.

„In der Gruppe H sind Fahrzeuge bis Baujahr 2001 startberechtigt. Darunter befinden sich nicht selten echte Klassiker unter den Rennfahrzeugen wie Opel Manta oder BMW M3 E30.“ (Quelle: VLN)
Die Gr.H wurde 1984 vom DMSB-Vorgängerverband ONS erstmals ausgeschrieben, wurde aber in zwei Untergruppen Gr.H-national und H-international unterteilt. Die Gr.H-national hatte stärkere Einschränkungen bezüglich Fahrzeugmodifikationen und Sicherheitsausrüstung. Dies wurde bis heute erhalten.
In der Gr.H sind ausschließlich Fahrzeuge bis Baujahr 2001 zugelassen. Aufgeladene Motoren (also Kompressor- oder Turbomotoren) sind in der VLN nicht erlaubt. Es gilt das Reglement Gruppe H – DMSB 2011. Die Zulassung in der Gr.H erfolgt generell über DMSB-Wagenpaß, bei Rallyewagen auch über die Zulassung zum Straßenverkehr. Zugelassen sind in der Gr.H auch originale Gr.5 (Spezial-Produktionswagen) nach dem Anhang J des Sportgesetzes des internationalen Automobilsport-Verbandes FIA. Da aber im Reglement der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring aufgeladene Motoren in der Gr.H nicht erlaubt sind, scheidet ein Einsatz von Boliden wie Porsche 935 Turbo oder Zakspeed Capri Turbo aus.
Die Gr.H in der VLN unterteilt sich in 4 Hubraumklassen: Die Klasse H1 (bis 2 Liter), die Klasse H2 (bis 2,5 Liter), die Klasse H3 (bis 3 Liter) und die Klasse H4 (bis 6250 cm³).
In der Gr.H der VLN fahren einige Fahrzeuge, die durchaus Kultstatus haben. AH Racing, der Rennstall von Peter und Achim Heinrich aus Simmerath - Vater und Sohn – setzt in der Klasse H4 (bis 6250 cm³) mit Start-Nr. 570 einen BMW M1 Procar ein. Der schicke Sportwagen war ursprünglich Ende der 70er Jahre von der BMW-Sportabteilung als Homologationsmodell für eine Rennversion der FIA-Gr.4 (Spezial-GT-Wagen) nach dem Anhang J zum ISG des internationalen Automobilsport-Verbandes FISA (heute FIA) entwickelt worden. Eingesetzt wurden die BMW M1 in der damaligen Procar-Serie.
Die Procar-Serie fuhr im Rahmenprogramm der europäischen Formel 1 – WM-Läufe in den Jahren 1979 und 1980. In der Procar-Serie traten die fünf schnellsten Formel 1-Fahrer aus den Trainingssitzungen mit Werks-M1 gegen ausgewählte Privatfahrer dieses Fahrzeugtyps an. Die Fahrzeuge waren, wie für einen Markenpokal üblich, technisch identisch mit einheitlich 470 PS. Mit den Rennen der Procar-Serie konnte sich der Zuschauer ein Bild von den fahrerischen Fähigkeiten der weltbesten Fahrer mit identischen Fahrzeugen machen.
1979 holte Niki Lauda den Titel vor Strietzel Stuck und Clay Regazzoni. 1980 wurde Nelson Piquet Meister vor Alan Jones und Strietzel Stuck. Die Teilnehmerlisten lasen sich wie das „who is who“ des internationalen Automobil-Rennsports jener Zeit. Aufgrund der diversen vertraglichen Verpflichtungen der Formel 1-Fahrer musste diese Rennserie jedoch eingestellt werden.
Die Eckdaten: Ein 3,5 Liter großer Reihen-6-Zylinder-Saugmotor mit Vierventiltechnik und einer mechanischen Kugelfischer-Einspritzanlage sorgten für eine Leistung von 470 PS. Eine Rennversion der Gr.5 (Spezial-Produktionswagen) für die damalige Marken-WM und die Deutsche Rennsportmeisterschaft brachte es dank Turboaufladung auf 850 PS. Die Serienversion des 1.1138 mm flachen M1 verfügte über 277 PS. Zu jener Zeit hatte ein Porsche 911 Carrera etwa 200 PS. AH Racing gibt ihren M1 Procar mit 480 PS an.
Ebenfalls in der Klasse H4 am Start: Moderne Klassiker. Mehrere Porsche in der Optik der legendären Porsche-Rennversionen der Gr.4 (Spezial-GT-Wagen) und Gr.5 (Spezial-Produktionswagen) die von Mitte der 70er bis Anfang der 80er Jahre in der damaligen Marken-WM, der Deutschen Rennsportmeisterschaft und bei den 24 Stunden von Le Mans zum Einsatz kamen. Die Rennversionen des 911 Carrera (als S, RS und RSR) brachten Porsche von 1968 bis 1975 achtmal in Folge den Titel in der damaligen GT-Wagen-WM der Marken. Mit dem 935 gewann Porsche von 1976 bis 1979 viermal in Folge die Marken-WM. In der Rennsportmeisterschaft war man zweimal (1977 und 1979) mit dem 935 erfolgreich.
Heute fahren Wolfgang und Michael Schrey – Vater und Sohn - mit ihrem Porsche DP 935 mit der Start-Nr. 565 in der VLN. Das Team Jopa mit Johannes Paczynski, Heinz-Josef Bermes und Andreas Baier. Sie fahren im Porsche 911 RSR 993 mit der Start-Nr. 568. Optisch entspricht der 993 RSR in der Frontansicht dem Porsche GT1 von Mitte der 90er Jahre und in der Heckansicht ebenfalls einem Porsche 935 Turbo Gr.5. Kunstfreunden unter den Motorsportfans ist die Internetseite des Teams, mit den von Johannes Paczynski gemalten Rennimpressionen zu empfehlen. Dirk Torweske und Stefan Müller sind mit ihrem Porsche DP 935 mit der Start-Nr. 571 am Start.
Das Vater-und-Sohn-Thema zieht sich im Übrigen wie ein „roter Faden“ durch die Gr.H. Neben den Heinrichs, den Schalls und den Schreys fährt auch im BMW M3 Klasse H4 mit Vater Franz und Sohn Maximilian Groß, unterstützt von Thomas Müller, ein Vater-und-Sohn-Gespann.
Auch die alte DTM-Serie, die seinerzeit mit Tourenwagen der Gr.A gefahren wurde, ist in der Gr.H vertreten. Die beiden bekanntesten und erfolgreichsten Fahrzeuge jener Zeit waren der BMW M3 und der Mercedes 190 E 2.5-16 Evo II mit ihren 2,5 Liter großen Reihen-4-Zylinder-Saugmotoren. Das Black Falcon Team TMD Friction mit Andreas und Ralf Schall – Vater und Sohn - im Mercedes 190 E 2.5-16 Evo II geht mit der Start-Nr. 579 ins Rennen in der Klasse H3 (bis 3 Liter). Mit dem 190er holte Mercedes 1992 den Titel in der DTM-Serie (mit Klaus Ludwig). Mit der Start-Nr. 588 in der gleichen Klasse am Start der BMW M3 mit Stephan Piepenbrink und Ralf Schnitzler.
Wenn Vater und Sohn Schall nicht von Michael Bäder unterstützt werden, sitzt Reinhard Schall im Cockpit. Auch die Schreys könnten zu Dritt starten – mit Neffe und Cousin Daniel Schrey. Dieses generationsübergreifende Thema paßt aber auch irgendwie zu den Gr.H – moderne Klassiker als Rennfahrzeuge der Väter und Söhne.
Der M3 war der erfolgreichste Tourenwagen Ende der 80er bis Anfang der 90er Jahre: Titelgewinn in der Tourenwagen-WM 1987 (Roberto Ravaglia), in der Tourenwagen-EM 1987 (Winfried Vogt) und 1988 (Roberto Ravaglia) und in der DTM-Serie 1987 (Eric van de Poele) und 1989 (Roberto Ravaglia). Dazu vier Siege bei den 24 Stunden von Spa 1987, 1988, 1990 und 1992 und fünf Siege bei den 24 Stunden auf der Nordschleife von 1989 bis 1992 und 1994.
Auch die BMW der Klasse STW der späten Neunziger Jahre haben in der Gr. H ihre Heimat gefunden. In der Klasse H3 am Start Ulli Packeisen und Hubert Nacken mit ihrem BMW M3. Ein weiterer M3 wird von Johannes Huber, Constantin Kletzer und Ingo Tepel bewegt.
Kult-Status bei der VLN-Fangemeinde haben natürlich auch die beiden mit den Start-Nr. 595 und 599 von Kissling Motorsport eingesetzten Opel Manta in der Klasse H2 (bis 2 Liter). Ihr Konkurrent ist der VW Golf von Claus-Dieter Rusack und Holger Träger.
Die schnellste Rundenzeit der Gr.H fuhr in den bisherigen sechs Saisonläufen der Paczynski-Porsche mit 8 Minuten und 55,882 Sekunden im Training zu Lauf 2. Das bedeutete die P44 im Training. Damit liegen die schnellsten Rundenzeiten der Gr.H 25 bis 45 Sekunden über den Rundenzeiten der Top-Klassen, der VLN-Specials der Klassen SP7, SP8, SP9 (FIA-Klasse GT3), SP 10 (SRO-Klasse GT4) und E1-XP. Deren Rundenzeiten liegen zwischen 8 Minuten 10 Sekunden und 8 Minuten und 30 Sekunden. Auch wenn einige der Gr.H-Porsche wie die legendären 935 Turbo aussehen – es sind letztlich aber nicht die seinerzeit bis zu 850 PS starken Turbo-Boliden der Gr.5 wie der 935/78 „Moby Dick“. Im Heck der Gr.H-Porsche werkeln Saugmotoren aus den 911er Baureihen.
Nicht viel langsamer als der Paczynski-Porsche war der Schall-Mercedes mit 8 Minuten und 58,001 Sekunden in Lauf 3. Der Schall-Mercedes erreichte auch das beste Trainingsergebnis eines Gr.H. das war P34 in Lauf 6. Auch die schnellste Runde eines Gr.H im Rennen geht auf das Konto des Schall-Mercedes. 9 Minuten und 2,965 Sekunden in Lauf 3.
Bestplatzierter Gr.H im Gesamtklassement war in Lauf 1 der Schall-Mercedes auf P32. In Lauf 2 der Paczynski-Porsche auf P36. In Lauf 3 wieder der Schall-Mercedes auf P23. In Lauf 4 Packeisen und Nacken mit ihrem BMW als 44. In Lauf 5 wieder der Schall-Mercedes auf P26 und in Lauf 6 auf P32.
Damit ist der Mercedes von Vater und Sohn Schall unter der Bewerbung des Black Falcon Team TMD Friction im bisherigen Saisonverlauf der erfolgreichste Starter der Gr.H und definitiv einer der Publikumslieblinge. In der Meisterschaft liegt Ralf Schall auf Position 31. Dicht gefolgt von Ulli Packeisen und Hubert Nacken mit ihrem BMW von Packeisen Motorsport aus Wuppertal.
Im Schnitt waren im bisherigen Saisonverlauf ein gutes Dutzend Gr.H im durchschnittlich etwa 180 Fahrzeuge starken Teilnehmerfeld am Start.
Geschichte kann spannend sein. Die Gruppe H in der VLN zeigt das immer wieder. Auch wenn die Fahrzeuge „nur“ in der 3. Startgruppe starten und „nur“ etwa ein Dutzend Fahrzeuge pro Rennen am Start sind. Beliebt bei den Fans der VLN sind sie allemal.

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