In der November-Ausgabe 1990 (in unserer Rückblende am 08.01.2012 veröffentlicht) brachte die Fachzeitschrift rallye racing einen ersten Rennstreckentest eines der erfolgreichsten Tourenwagen der Gr.A (verbesserte Tourenwagen) Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre. Der BMW M3. Mit dem M3 erst als 2,3 Liter, dann als 2,5 Liter Evo-Modell wurden seinerzeit viele Rennen und Meisterschaften nach Gr.A-Reglement gewonnen. Unter anderem die Tourenwagen-WM 1987 (Ravaglia), zweimal die Tourenwagen-EM 1987 (Ravaglia) und 1988 (Vogt), zweimal die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft (DTM) 1987 (van de Poele) und 1989 (Ravaglia), viermal die 24 Stunden von Spa 1987, 1988, 1990 und 1992 und fünfmal die 24 Stunden vom Nürburgring 1989 bis 1992 und 1994. In der November-Ausgabe 1992 (also genau 2 Jahre nach dem ersten „Track Test“) folgte zum Abschied ein letzter „Track Test“. Man beachte das Gewicht (nur 980 kg). Hier trifft noch zu: Rennwagenbau muß Leichtbau sein. Ein Artikel von Thomas Voigt aus der Kult-Zeitschrift rallye racing vom November 1992, Seiten 92-94.

(Original-Text Anfang)
Mit Taschentüchern in der Hand standen die BMW-Mechaniker an der Boxenausfahrt und winkten ergriffen zum Abschied. Ihrem BMW M3 hatte die letzte Stunde geschlagen. Dieser Akt der Anteilnahme stand nur im indirekten Zusammenhang mit der Tatsache, daß am Steuer des edlen Renngerätes (Versicherungswert 400 000 Mark) anstelle von Stammpilot Johnny Cecotto ein rallye racing-Redakteur saß.
Das Spalier hatte vielmehr symbolischen Charakter: Nach sechs Einsatzjahren geht 1992 der BMW M3 in Rente. Beim Saisonfinale in Hockenheim wurde der erfolgreiche Sportler zum letzten Mal werksseitig in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) eingesetzt. Zweimal (1987 und 1989) holte BMW mit dem pausbäckigen M3 den Titel. In jedem Jahr seiner bemerkenswerten Karriere wurde er in die Siegerlisten eingetragen.
Sogar für die BMW-Ingenieure war es eine Überraschung, daß ihr „Oldie" im sechsten Dienstjahr noch einmal in der Lage war, den Titelkampf gegen die übermächtige Mercedes-Flotte wenigstens bis zum vorletzten Rennen offen zu gestalten.
In der Tat ist es beachtlich, welches Potential die BMW-Ingenieure in ihrem Kind Winter für Winter entdeckten. Immer wieder wurde der M3 abgeschrieben, stets überzeugte er von neuem. Eine Zahl spricht Bände: Auf dem gerade einmal 2,3 Kilometer langen „kleinen Kurs" von Hockenheim verbesserte sich der Renn-BMW seit seiner (siegreichen) DTM-Premiere im Jahr 1987 um exakt sechs Sekunden. Daß die Motorleistung in derselben Zeit um stattliche 100 PS (!) auf nun 370 PS nach oben schnellte, ist eine Erklärung für den Zeitraffer-Effekt. Doch auch beim Fahrwerk und vor allem bei den Bremsen (ABS) blieb die Entwicklung nicht stehen. Der M3 zeichnete sich nie durch einzelne herausragende Charaktereigenschaften aus. Die Summe der Qualitäten machte ihn zum Erfolgstypen.
Sich vom M3 mit einem Track-Test zu verabschieden war uns eine besondere Ehre — und ein Erlebnis. Vor allem, weil der Proberitt auf dem super-schnellen und welligen Grand Prix-Kurs von Hockenheim über die Bühne ging. Den Renn-M3 dort am Limit zu bewegen erfordert volle Konzentration — selbst auf den Geraden. Das Fahrwerk ist kompromißlos hart und läßt ihn auf Bodenwellen nervös tanzen wie Michael Jackson auf der Bühne. Will der Steuermann den Kurs halten, muß er das Lenkrad jederzeit fest umklammern.
Auf eine Servounterstützung der Lenkung haben die BMW- Techniker bis zuletzt verzichtet. Trotzdem halten sich die Lenkkräfte in erträglichen Grenzen. Die Lenkung vermittelt viel Gefühl. Was gut ist. Im Grenzbereich ist der M3 nämlich giftig wie eine Klapperschlange. Das Heck neigt zum Ausbrechen, Korrekturen sind häufig nötig. Andererseits ist es sehr einfach, das Auto wieder einzufangen. Sanfte Drifts machen sogar Spaß. Doch wie erklärte uns weiland Lehrmeister Walter Röhrl? Wer quer fährt, ist langsam. Eine göttliche Erfindung ist das ABS im Rennauto. Der Blockierverhinderer macht das Bremsen zum Kinderspiel: Wer den richtigen Bremspunkt weiß, braucht nur mit voller Wucht auf das Pedal treten — den Rest übernimmt die Elektronik ganz allein. Auch das neue, geradverzahnte Hollinger-Getriebe ist ein Gedicht: Zwar meldet sich jeder der sechs Vorwärtsgänge beim Einlegen mit einem lauten Klacken, doch hat man sich einmal davon überzeugen lassen, daß dies keinen Schaden verursacht, erfreut man sich nur noch an der Schnelligkeit und der Präzision der Gangwechsel.
Vom Motor ganz zu schweigen: Der Vierzylinder hat seine Jungendsünden vergessen und benimmt sich reichlich kultiviert. Kein Murren bei untertouriger Fahrweise, keine spürbaren Leistungsspitzen — dafür ein breites nutzbares Drehzahlband bis zur Schmerzgrenze von 10 000 Umdrehungen. Der Schub — selbst im höchsten Gang — ist beeindruckend.
Es fällt schwer, von diesem Auto Abschied zu nehmen. In unserem Fall half die Technik nach: Als eine gelbe Warn-leuchte und das Display im Armaturenbrett auf eine zu hohe Hinterachstemperatur hinwies, war leider vorzeitig Feierabend. Na dann: Servus M3! Wir freuen uns schon auf deinen Nachfolger.
Technik in Kürze
BMW M3 Sport Evolution
Motor: Reihen-Vierzylinder
Ventile pro Zylinder: 4
Hubraum: 2493 ccm
Leistung bei: 370 PS (275 kW) 8750 U/min
Max. Drehmoment bei: 290 Nm 7000 bis 8000 U/min
Max. Drehzahl: 9800 U/min
Kraftübertragung: Unsynchronisiertes Sechsganggetriebe, Heckantrieb, Differentialsperre
Fahrwerk: Rundum Einzelradaufhängung, vorn Querlenker, Federbeine, Stabilisator, hinten Schräglenker, Federbeine, Stabilisator; rundum innenbelüftete Scheibenbremsen, ABS
Radgröße: 9 x 18
Gewicht: 980 kg
Tankinhalt: 110 Liter
Preis: ca. 400 000 DM

(Original-Text Ende)
aus rallye racing, November 1992, Seiten 92-94, ein Artikel von Thomas Voigt

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