Kinder, wie die Zeit vergeht - schon 22 Jahre her: Rennstreckentest eines der erfolgreichsten Tourenwagen der Gr.A (verbesserte Tourenwagen) Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre. Der BMW M3. Mit dem M3 erst als 2,3 Liter, dann als 2,5 Liter Evo-Modell wurden seinerzeit viele Rennen und Meisterschaften nach Gr.A-Reglement gewonnen. Unter anderem die Tourenwagen-WM 1987 (Ravaglia), zweimal die Tourenwagen-EM 1987 (Ravaglia) und 1988 (Vogt), zweimal die Deutsche Tourenwagenmeisterschaft (DTM) 1987 (van de Poele) und 1989 (Ravaglia), viermal die 24 Stunden von Spa 1987, 1988, 1990 und 1992 und fünfmal die 24 Stunden vom Nürburgring 1989 bis 1992 und 1994. Ein Artikel von Thomas Voigt aus der Kult-Zeitschrift rallye racing vom November 1990, Seiten 54-56.

"Audi hat mehr Leistung und Allradantrieb. Mercedes operiert mit wesentlich größerem Aufwand – trotzdem gewinnt BMW in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft 1990 mehr Rennen. Zufall oder Ergebnis konsequenter Arbeit? Was macht den BMW M3 seit Jahren so stark?
Mit einigen Fragen im Handgepäck reisten wir nach Österreich, um dem Geheimnis des erfolgreichsten Tourenwagens der letzten Zeit auf die Spuren zu kommen. Wir hatten uns zu einem Rendezvous auf dem Salzburgring verabredet, jenem malerisch zwischen grünen Hügeln gelegenen Asphaltband, das vor drei Jahren das verrückteste Rennen aller Zeiten produzierte: vier Starts, vier Abbrüche, kein Ergebnis. Damals trat das Schnitzer-Team zum ersten Mal mit dem M3 in der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) an. Inzwischen sind Schnitzer-Erfolge in dieser Rennserie nichts Ungewöhnliches mehr.
Der Salzburgring ist Schnitzers Hausstrecke. Die Werkstatt liegt gleich hinter der Grenze in Freilassing, nur wenige Kilometer entfernt. „Trotzdem sind wir nicht mehr so oft hier“, weint Schnitzer-Teammanager Charly Lamm guten alten Zeiten nach. Auf dem hyperschnellen Salzburgring nur noch an ganz wenigen Tagen im Jahr mit Rennautos Lärm gemacht werden – den Umweltschützern zuliebe.
Der Morgendunst hängt noch über der Strecke, als man mir die vielen Schalter im Cockpit erklärt. Überraschend bietet der Innenraum keine Spur von High-Tech: Sechs Rundinstrumente informieren den Fahrer über Drehzahl, Öldruck, ÖItemperatur, Benzindruck, Wassertemperatur und Hinterachstemperatur. Die beiden oberen Anzeigen stehen im Sinne der besseren Lesbarkeit auf dem Kopf. Die Sitzposition ist optimal, das Lenkrad liegt gut in der Hand. Der erste Gang liegt links hinten - wie beim Serien-M3. Fünf Gänge stehen zur Verfügung.
Vor jedem Startvorgang muß der Hauptstromschalter auf "Aus" gestellt werden – sonst kann die Motorelektronik durcheinanderkommen. Auf der Mittelkonsole sitzen zwei Knöpfe, einer der beiden ist gut geschützt. Kein Wunder: Hier wird die Feuerlöschanlage ausgelöst. Ein kurzer Druck auf den linken Knopf, etwas Gas, schon springt der über 330 PS starke Vierzylinder brav an. Die Ampel an der Boxenausfahrt steht auf Grün, die Testfahrt kann beginnen.
Mühelos setzt sich der M3 in Bewegung, kein Problem mit der Kupplung. Doch nach den ersten Metern verschluckt sich der Motor - niedrige Drehzahlen mag der Vierventiler nicht. Kupplung treten, Gas geben, Kupplung schleifen lassen und los! Bewegt man sich einmal jenseits von 5000 Touren, ist alles in bester Ordnung.
Die ersten Runden sind extrem vorsichtig. Alles ist noch kalt, das Auto kennt die Strecke besser als der Testfahrer. Das Getrag-Getriebe läßt sich butterweich und exakt schalten. Vom ersten Moment an fühlt man sich im M3 wohl.
Nach ein paar Runden rolle ich wieder an die Box. Der Motor wird nicht warm genug. Trotz Sonnenschein ist es noch kühl. Die Mechaniker kleben einen Teil der Kühler ab. Jetzt stimmen die Temperaturen. Das Tempo wird schneller. "Schaltdrehzahl 8900", hieß es. Um das einzuhalten, muß man auf der Gegengeraden lupfen. Im Rennen sind 9300 Touren erlaubt. Später darf auch ich höher drehen: An der schnellsten Stelle zittert die Nadel des Drehzahlmessers bei 9100 Touren - das sind im fünften Gang knapp 250 Kilometer pro Stunde. Der M3 ist für den Salzburgring etwas kürzer übersetzt als auf der Berliner Avus, wo mit fast 300 Kilometer pro Stunde die höchsten Geschwindigkeiten erreicht werden. Insgesamt stehen 16 Hinterachsübersetzungen zur Verfügung. Beim Test reicht der erste Gang bis 108 km/h, die weiteren bis 151, 186, 220 und 254.
Trotz der vielen Bodenwellen ist der Geradeauslauf auch bei höheren Geschwindigkeiten beachtlich. Richtig Spaß macht der M3 aber in den Kurven: In den schnellen Ecken liegt der Bayer dank der großen (verstellbaren) Spoiler wie auf Schienen. In langsamen Biegungen folgt der M3 brav jeder Lenkbewegung. Leichtes Übersteuern läßt sich spielend kontrollieren.
Das Fahrverhalten ändert sich aber drastisch, als die 100 Kilogramm Zusatzgewicht, die Johnny Cecotto als Lohn für seine Erfolge kassiert hat, von der Beifahrerseite entfernt werden. Plötzlich verhält sich der M3 wie ein störrischer Bock. "Die Radlasten stimmen nicht mehr", erklärt Charly Lamm, "wir müßten das Auto neu ausbalancieren." Nicht nötig – es ist beeindruckend, was 100 Kilo Blei in einem Auto ausmachen. Auch beim Beschleunigen: Am Ende der Geraden macht das Gewicht 200 Umdrehungen aus ...
Die Beschleunigung des 2,5-Liter-Triebwerks reißt einen nicht vom Hocker, beeindruckend ist aber der Drehmomentverlauf: Schon ab 6500 Umdrehungen steht genügend Kraft zur Verfügung. Hier schneidet der Motor des "Sport Evolution" deutlich besser ab als der alte 2,3-Liter-M3, dessen nutzbares Drehzahlband schmal war.
Und das Erfolgsgeheimnis? Beim M3 stimmt das ganze Paket - vom elastischen Motor bis zum hervorragenden Fahrwerk. Die Stärke des BMW: Er hat einfach keine Schwächen."
Technik in Kürze
BMW M3 Sport Evolution
Motor: Vierzylinder-Vierventil-Saugmotor
Gemischaufbereitung: BMW-ECU
Hubraum cm³: 2496
Verdichtung: 12,0:1
Max. Drehzahl: 9500
Leistung (PS): 330
Kraftübertragung: Heckantrieb, Fünfgang-Schaltgetriebe
Chassis: Serienkarosserie, Stahlkäfig
Fahrwerk: Vorn Querlenker, hinten Schräglenker, Federbeine, Stabilisatoren, innenbelüftete Bremsscheiben ringsum
Räder/Reifen: 9 J x 18, Yokohama-Reifen
Gewicht (kg): 1040 (DTM-Gewichtung)
Tankinhalt (Liter): 110
Preis (Mark): 250 000

aus rallye racing, November 1990, Seiten 54-56, ein Artikel von Thomas Voigt

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