Am Fronleichnamswochenende ist es endlich wieder soweit: Das 24-Stunden-Rennen vom Nürburgring auf der Nordschleife, der schönsten und anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt, steht auf dem Programm. Zeit also, einen kleinen Blick in die einzelnen Gruppen und Klassen zu werfen und anhand der bisherigen Saisonrennen der VLN eine vorsichtige Prognose zu wagen.

Es ist wahrscheinlich unstrittig, daß die Favoriten auf den Gesamtsieg aus der Gruppe 24h-Spezial (VLN-Specials) der Klassen SP7, SP8, SP8T, SP9, SP10 und E1-XP kommen werden. Während es sich bei den SP9 und SP10 um Serien-GT-Wagen handelt, sind die Fahrzeuge der anderen Klassen an der Spitze verbesserte Tourenwagen oder GT-Wagen. In den Klassen an der Spitze des Feldes dominieren hinterradangetriebene Frontmotorlimousinen und Mittelmotor- oder Heckmotorcoupés mit großvolumigen (über 3,5 bis 6,3 Liter Hubraum) Saugmotoren mit 6, 8, 10 oder 12 Zylindern. Hinzu kommen in der SP8T die Fahrzeuge mit Turbomotoren über 2,5 bis 4 Liter Hubraum. Im Rahmen des BoP-Reglements werden durch den Veranstalter die unterschiedlichen Motor- und Fahrleistungen (Leistungen zwischen 450 und über 550 PS) durch Luftmengenbegrenzer angeglichen. Weitere Einstufungskriterien sind Mindestgewicht und Tankinhalt.


Neben offiziellen Werkseinsätzen über die Sportabteilungen der Hersteller und ihre Einsatzrennställe wird die Spitze durch werksunterstützte Privatiers und einige ambitionierte herstellerunabhängige Teams dominiert. In den Cockpits sitzen somit Profi-Fahrer, möglichst mit Nordschleifenerfahrung. Auch ehemalige Formel 1 – Fahrer oder Profi-Fahrer aus der LMS, der GT1 – WM, DTM oder der Tourenwagen-WM finden sich in den Fahrzeugen an der Spitze des Feldes.


Sowohl die VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring als auch das 24-Stunden-Rennen wurden in den vergangenen Jahren quantitativ und qualitativ vor allem durch die Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3) dominiert. Das seit 2009, wie in vielen anderen Rennserien auch in der VLN gültige BoP-Reglement hat diese Fahrzeugklasse in den Fokus gerückt. Das große Interesse der Hersteller an dieser Klasse ist auf die in dieser Klasse angesiedelten Kundensport-Projekte zurückzuführen. Hier werden Rennwagen „von der Stange“ verkauft.


Wie üblich stark vertreten die diversen Porsche-Teams mit ihren heckgetriebenen Heckmotor-Coupés Porsche 911 GT3 R mit 4-Liter-6-Zylinder-Boxer-Saugmotoren. Ebenfalls aus dem Hause Porsche der 911 GT3 Cup S. Die Konkurrenten der Porsche sind die Audi R8 LMS und die Mercedes SLS AMG GT3. Im hinterradgetriebenen Mittelmotorcoupé Audi R8 LMS werkelt ein 5,2-Liter-V10-Zylinder-Saugmotor. AMG-Mercedes setzt mit dem SLS GT3 auf einen hinterradgetriebenen Frontmittelmotor-Roadster mit einem 6,3-Liter-V8-Zylinder-Saugmotor.


Manthey Racing stellt die Speerspitze der Porsche-Teams. Ins Lenkrad der GT3-Manthey-Porsche greifen Profi-Fahrer und Nordschleifen- und Porsche-Spezialisten wie Lieb, Bernhard, Dumas, Luhr und andere. Aber auch ambitionierte Privatiers wie Frikadelli, Falken Tyres, Pinta Racing und andere setzen auf die GT3 von Porsche. Die Speerspitzen von Audi sind die Audi Sport Teams Abt Sportsline und Phoenix sowie Audi race experience. Die Fahrerbesetzung bei Audi greift auf das Reservoir der Audi-Werksfahrer aus DTM-Serie und den Prototypen zurück wie Basseng, Fässler, Rockenfeller, Stippler, Winkelhock, Ekström, Scheider, C.Abt und Schmickler. Die Teams Mamerow, ROWE Racing, Black Falcon, Race & Event, Heico Motorsport und Horn Motorsport repräsentieren den „guten Stern“. Zu den stärksten SLS zählen der Black Falcon - SLS mit Heyer, Jäger und Bleekemolen, der Horn-SLS mit Horn, Bert und dem früheren Formel 1- Fahrer Sarrazin, der Mamerow-SLS mit Mamerow, Hahne und Kaffer und der Heico-SLS mit Arnold, Margaritis, Brück und Frankenhout.


Die GT3 von Porsche, Audi und AMG-Mercedes haben sich bislang auf der Nordschleife als die „Platzhirsche“ ihrer Klasse herauskristallisiert. Teams, die diese Fahrzeuge einsetzen, gehen definitiv als Anwärter auf den Gesamtsieg ins Rennen. In ihrem Kielwasser könnten aber andere GT3-Fahrzeuge durchaus überraschen.


GT3-Modell von BMW ist der BMW Z4 GT3 eingesetzt von den Teams Schubert Motorsport und Dörr Motorsport. Der hinterradgetriebene Frontmittelmotor-Roadster hat einen 4,4-Liter-V8-Zylinder-Saugmotor. Ebenfalls von Dörr eingesetzt der Alpina BMW B6 mit einem 5,0-Liter-V8-Zylinder-Saugmotor.


Exot unter den GT3 ist das Mittelmotor-Coupé Lamborghini LP 600 mit einem 5,3-Liter-V10-Zylinder-Saugmotor von Reiter Engineering mit Familie Stuck und Peter Kox am Steuer.


Immer für Top-Ten-Platzierungen gut sind die Fahrzeuge der Klasse E1-XP. Beim 24-Stunden-Rennen unterteilt in E1-XP2 und E1-XP Hybrid. BMW Motorsport und Schnitzer Motorsport zählen mit ihren beiden BMW M3 GT2, dem Vorjahressiegerwagen und einer erstklassigen Fahrerbesetzung zu den absoluten Favoriten. Die hinterradgetriebene Frontmotorlimousine mit dem 4-Liter-V8-Zylinder-Saugmotor ist derzeit auch das Maß der Dinge in der FIA-Klasse GT2. BMW Motorsport Direktor Mario Theissen sagt: "Schon dem Serienmodell des BMW M3 liegt die Sportlichkeit buchstäblich in den Genen. Eine Rennversion dieses Autos zu entwickeln, hat sich für uns deshalb geradezu aufgedrängt." Das Resultat ist ein Auto, das die überragende Dynamik des BMW M3 Serienmodells auch auf der Rennstrecke demonstriert. Die Fahrerbesetzung mit einer Mischung aus internationalen Profi-Fahrern (Lamy, Farfus, Priaulx, J.Müller, D.Müller, Werner), zum Teil mit Formel 1 – Erfahrung (Lamy) und Nordschleifen-Spezialisten (U.Alzen, Adorf) ist ebenso vielversprechend wie das Fahrzeug. Somit zählen die BMW M3 GT zum engsten Favoritenkreis. Oberstes Ziel ist es einen zweiten Sieg in Folge einzufahren.


Mit dem von der Scuderia Cameron Glickenhaus in Zusammenarbeit mit dem Team N.Technology eingesetzten N.Technology P4/5 mit der Technik eines Ferrari F430 GT2 unter dem schicken Kohlefaserkleid startet in der E1-XP auch ein ausgesprochener Exot. Ein 4-Liter-V8-Zylinder-Saugmotor arbeitet in diesem Wagen mit der Optik eines geschlossenen Prototypen. Neben den früheren Formel 1 – Fahren Salo und Larini sitzen die Tourenwagen-Spezialisten Giovanardi und Capellari im Cockpit.


Die E1-XP Hybrid ist identisch mit dem von Porsche Motorsport und dem Team Manthey Racing eingesetzten Porsche 911 GT3 R Hybrid mit 4-Liter-6-Zylinder-Boxer in Verbindung mit dem Schwungradspeicherhybridsystem (KERS) von Williams Hybrid Power. Auch hier sitzt eine erstklassige Fahrerbesetzung am Volant. Porsche Motorsport möchte gern den im vergangenen Jahr knapp verpaßten Sensationserfolg nachholen. Dementsprechend ist das Cockpit mit den international erfahrenen Porsche-Werksfahrern (J.Bergmeister, Lietz, Holzer, Long) besetzt.


In dieser VLN-Saison wieder stärker in den Fokus gerückt sind die Klasse SP7 und teilweise auch die Klasse SP8 und Klasse SP8T. In der SP7 und SP8 starten genau wie in der E1-XP einige Fahrzeuge, die auch in der FIA-Klasse GT2 homologiert sind. Mit dem Boom der Klasse SP9 seit 2009 ging ein zahlenmäßiger Rückgang der Fahrzeuge dieser Klassen einher. Seit dieser Saison erfahren sie aber durchaus wieder eine Renaissance. Auch diese Tendenz steht - zumindest indirekt - mit dem BoP-Reglement in Beziehung.


Die SP7 ist vor allem durch diverse Porsche-Teams mit ihren Porsche 911 GT3 nach SP7-Reglement geprägt. In den heckgetriebenen Heckmotor-Coupés werkeln 4-Liter-6-Zylinder-Boxer-Saugmotoren. Manthey Racing bringt hier die beiden wahrscheinlich kompromisslosesten Fahrzeuge dieser Klasse zum Einsatz: Den 911 GT3 RSR (mit Lieb und Luhr) und den MR (mit Weiss, Kainz, Jacobs und Krumbach). Ebenfalls auf die SP7-Porsche setzen Cargraphic, Pinta, Car Collection und andere ambitionierte Porsche-Privatiers.


Die SP8 ist traditionell die Klasse großvolumiger Saugmotore in exotischen Sportwagen. Das Team Farnbacher startet hier mit ihrem bildschönen Ferrari 458 Italia GT. Ein hochdrehender, drehfreudiger 4,5-Liter-V8-Zylinder-Saugmotor wird mit seiner Stimme die Fans verzücken. Im vergangenen Jahr holte Farnbacher einen sensationellen zweiten Platz mit dem F430. Im neuen 458 sitzen Farnbacher, Simonsen, Seefried und Melo. Läßt man den Blick weiter durch die SP8 schweifen, findet man weitere „Traumsportwagen“: Aston Martin V12 Zagato, das  von Schumann sehr schön aufgebaute Hyundai Genesis Coupé, die „Aussis“ mit ihrem bulligen Holden Commodore, RJN Motorsport mit dem Nissan 370 Z, die giftig klingenden Lexus LF-A und der Lexus ISF von Gazoo Racing, der Artega GT unter anderem mit dem früheren Rallye-WM-Fahrer Uwe Nittel am Steuer und amerikanische „muscle cars“ wie die Corvette C6.


Vor einigen Jahren war das Kürzel SP8T gleichbedeutend mit dem legendären „Turbinchen“ der Alzen-Brüder. Heute startet in dieser Klasse die allradgetriebene Kompaktlimousine VW Golf GT24 mit ihrem 2,6-Liter-Reihen-5-Zylinder-Turbomotor. Eingesetzt von Volkswagen Motorsport und besetzt mit Profis. Die VW-Werksmannschaft wird sich in ihrer Klasse unter anderem mit den beiden von Götz Motorsport eingesetzten Audi RS4 und dem Nissan GT-R von Schulze auseinandersetzen müssen. Keiner der aktuellen SP8T kommt auf Anhieb gleich als Gesamtsieganwärter in Frage. Aber ein 24-Stunden-Rennen ist lang und das Eifel-Wetter bekanntlich schwer einzuschätzen. Ein Vorteil für Turbo-Allradler.


Völlig zu Unrecht mitunter vergessen werden bei einer Top-Ten-Betrachtung die Fahrzeuge der Klasse SP10 (SRO-Klasse GT4). In der Klasse dieser seriennahen GT-Wagen starten die Aston Martin Vantage N24 (Turner, Mathol, Pflanz), BMW M3 GT4 (Bonk, Dörr, Pole Promotion), Nissan 370 Z (RJN), Ginetta G50 (Kornmeyer), Maserati MC GT4 (Gentle Swiss Racing).


Erwähnen sollte man noch in der Klasse AT (Gas) die Chrysler Viper von Titus Dittmann sowie die VW Scirocco von Volkswagen Motorsport.


Wie auch immer es am letzten Juni-Wochenende kommt: Einen Favoriten kann man im Vorfeld nicht ausmachen. Vielmehr gibt es eine große Zahl von etwa 40 bis 50 Fahrzeugen die durchaus in der Lage sind unter die ersten 20 im Gesamtklassement des über 200 Fahrzeuge starken Feldes zu fahren. Neben dem Motor-, Antriebs- und Aerodynamikkonzept sind letztlich auch die Fahrerbesetzung und die Nähe zu den Hersteller-Sportabteilungen entscheidend. Lassen wir uns also überraschen und freuen uns auf eines der besten 24-Stunden-Rennen auf der Nordschleife. Die „Welt“ titelte 1999 für ihren Vorbericht zum Le Mans-Rennen mit einer Überschrift, die in diesem Jahr auf die 24 Stunden vom Nürburgring zutrifft: Das größte Wagenrennen seit Ben Hur.


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