Eine lange Saison in der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring liegt hinter den Aktiven, den Rennställen, den Veranstaltern und den Zuschauern. Eine lange spannende Saison, die wieder einmal Automobil-Rennsport mit Tourenwagen und GT-Wagen (fast) aller Gruppen und Klassen vom Feinsten bot. Zehn Langstreckenrennen in der VLN, zweimal 6 Stunden und achtmal 4 Stunden. Dazu, außerhalb der Langstreckenmeisterschaft, das 24-Stunden-Rennen vom Nürburgring – das weltweit wichtigste Langstreckenrennen für Tourenwagen und GT-Wagen. Die viereinhalb Monate lange Winterpause bietet die Gelegenheit diese Renn-Saison auf der Nürburgring-Nordschleife – der schönsten und anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt – noch einmal in all ihren Facetten Revue passieren zu lassen und bereits einen ersten Blick voraus auf die VLN-Saison 2012 zu werfen. (Teil 3: Die zweite Hälfte der Saison)

Nach dem 24-Stunden-Rennen startete die VLN 2011 in ihre zweite Saisonhälfte. Der Kampf um die Meisterschaft geht in seine entscheidende Phase. Und an der Spitze geht es noch um fünf Gesamtsiege.
Lauf 6 - Rennen 1 nach dem 24-Stunden-Rennen
30. Juli 2011. 34. RCM DMV Grenzlandrennen des Rheydter Club für Motorsport e.V. DMV. Distanz 4 Stunden.
Trainingsschnellste: Das Team Mamerow Rowe Racing mit Chris Mamerow und Armin Hahne im Mercedes SLS AMG GT3 Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3). Rundenzeit: „Nur“ 9:32,548 Minuten (Rundenschnitt „nur“ 153,225 km/h). „Nur“ – weil noch feuchte Bedingungen auf der Strecke herrschten.
„Nur“ 165 Fahrzeuge - weil nach dem 24-Stunden-Rennen und weil im Sommer. „Nur“ 2 Stunden und 11 Minuten Fahrzeit der Sieger. „Nur“ 15 Runden. „Nur“ 365,54 km. Das Rennen wurde wegen eines Unfalls mit sechs beteiligten Fahrzeugen im Streckenabschnitt Bergwerk mit der roten Flagge abgebrochen und nicht mehr gestartet. Alle beteiligten Fahrer blieben unverletzt.
Die VLN vermeldete später dazu: „Gleich zwei Mal kam beim sechsten von zehn Saisonrennen die Rote Flagge zum Einsatz. Um 13:33 Uhr wurde das Rennen in Runde zehn unterbrochen. Im Tiergarten hatte sich ein Unfall mit drei Fahrzeugen ereignet und die Strecke in diesem Hochgeschwindigkeitsabschnitt war zum Teil blockiert. „Aus Sicherheitsgründen haben wir das Rennen unterbrochen“, sagte Rennleiter Bernd Burkhard (Jülich). Zwei beteiligte Fahrer erlitten leichte Verletzungen, der dritte Pilot blieb unverletzt. Der Restart erfolgte um 15 Uhr. Der Rennabbruch erfolgte 67 Minuten später. Nach einem Unfall mit sechs beteiligten Fahrzeugen im Abschnitt Bergwerk war ebenfalls die Strecke blockiert. Da die für eine volle Wertung erforderliche Fahrzeit von 160 Minuten überschritten wurde, geht das Rennen mit vollem Punkten in die Meisterschaftswertung ein.“
Die Sieger (Streckenschnitt 167,334 km/h): Michael Zehe, Alexander Roloff und Roland Rehfeld vom Team Rowe Racing im Mercedes SLS AMG GT3 Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3). Platz 2 ging an das Team Frikadelli mit Sabine Schmitz, Niklas Kentenich und Arno Klasen im Porsche 911 GT3 R, ebenfalls Klasse SP9 und auf Rang 3 „Twin-Busch“ – die Zwillingsbrüder Dennis und Marc Busch im Porsche 911 GT3 Klasse SP7.
Die schnellste Rennrunde fuhren mit 8 Minuten und 21,781 Sekunden (Rundenschnitt 174,834 km/h) Peter Dumbreck und Sebastian Asch vom Team Falken Motorsports im Porsche 911 GT3 R Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3). Sie wurden am Ende Achte.
Zum zweiten Mal in dieser Saison: 6 Stunden
6h ADAC Ruhr-Pokal-Rennen des MSC Ruhr-Blitz Bochum e.V. im ADAC am 27. August.
Die VLN wird wieder mal ihrem Ruf gerecht: Masse (194 Fahrzeuge) und natürlich Klasse in einer Saison ohne Seriensieger. Überraschung im Zeittraining. Trainingsschnellster kein Fahrzeug der vermeintlichen „Top-Klassen“. Frank Biela, Christian Hohenadel und Michael Ammermüller vom Team Raeder Motorsport fuhren im Audi TT RS aus der VLN-Specials-Klasse SP4T (Turbos bis 2,5 Liter) die schnellste Trainingszeit. 8:55,226 Minuten (Rundenschnitt 163,909 km/h). Damit standen sie auf „Pole“ – aber nur in der zweiten Startgruppe. Das Reglement will es so. Warum eigentlich?
Bei wechselhaften Witterungs- und Fahrbahnverhältnissen setzte sich das Trio im frontgetriebenen Audi TT RS auch im Rennen gegen leistungsmäßig überlegene Konkurrenten durch. Aber wie? In Führung liegend fuhr der Audi TT RS nach 35 Runden mit Vibrationen am linken Vorderrad an die Box. Der Vorsprung auf die Zweitplatzierten betrug zu diesem Zeitpunkt etwa 1 Minute und 20 Sekunden. Diagnose: Spiel im Radlager. Ammermüller ging trotz des Defektes auf die Strecke zurück. Der Vorsprung war dahin. 17.53 Uhr - sieben Minuten vor Ende der 6-Stunden-Distanz - brach die Rennleitung das Rennen mit der roten Flagge ab. Einsetzender starker Regen in den Streckenabschnitten Aremberg, Wehrseifen, Breidscheid und Brünnchen hatte auf der Strecke Aquaplaning verursacht. Auch der Raeder-Audi wurde Opfer des einsetzenden Regens. Das Team profitierte schlussendlich vom Rennabbruch. Nach 5 Stunden und 41 Minuten waren 35 Runden bzw. 852,92 km absolviert (Streckenschnitt „nur“ 149,919 km/h).
Auch Rang 2 ging an die Marke Audi. Christopher Haase, Christopher Mies und Luca Ludwig vom Audi Sport Team Phoenix im Audi R8 LMS Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3). Dritte: Pedro Lamy und Marko Hartung vom Team Schubert im BMW Z4 GT3, ebenfalls Klasse SP9.
Die schnellste Rennrunde fuhren Marc Lieb, Lucas Luhr und Arno Klasen im gelb-grünen Porsche 911 GT3 R Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3) des Teams Manthey Racing. 8 Minuten und 16,566 Sekunden (Rundenschnitt 176,670 km/h).
Die Schlußphase
Sieben Rennen, sieben verschiedene Sieger. Sieben verschiedene Teams: Schnitzer, Mamerow, Farnbacher, Manthey, Phoenix, Rowe und Raeder. Nur ein Fahrzeugtyp gewann zweimal: Mercedes SLS AMG GT3. Die anderen Siegerfahrzeuge: BMW M3 GT, Ferrari F458, Porsche 911 GT3 R Hybrid, Audi R8 LMS und Audi TT RS. Nur zwei Marken gewannen je zweimal: Mercedes AMG und Audi. Die anderen Siegermarken: BMW, Porsche und Ferrari. 19 Fahrer standen ganz oben auf dem Treppchen: Uwe Alzen, Jörg Müller, Augusto Farfus, Chris Mamerow, Armin Hahne, Jaime Melo, Marco Seefried, Marco Holzer, Richard Lietz, Patrick Long, Mattias Ekström, Timo Scheider, Frank Stippler, Roland Rehfeld, Alexander Roloff, Michael Zehe, Frank Biela, Christian Hohenadel und Michael Ammermüller. Mit dem Audi TT RS vor sogar ein Fahrzeug zum Gesamtsieg, das keiner der sogenannten Top-Klassen angehört. Ist das Unausgewogenheit?
Auch die Meisterschaft geht in ihre entscheidende Phase. Können die Halbzeitmeister von Kappeler Motorsport die derzeitigen Tabellenführer von Mathol Racing wieder von der Spitze verdrängen? Gibt es vielleicht sogar „lachende Dritte“?
Mit Kaiser Rotbart in den goldenen Herbst
43. ADAC Barbarossapreis des MSC Sinzig e.V. im ADAC am 24. September bei „goldenem Herbstwetter“.
Christopher Haase und Frank Stippler vom Team Phoenix Racing fuhren – bei optimalen äußeren Bedingungen (ein sonniger und sommerlich warmer Herbsttag) mit ihrem Audi R8 LMS Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3) die schnellste Trainingszeit der bisherigen Saison: 8 Minuten und 12,265 Sekunden (Rundenschnitt 178,214 km/h).
Nach 4 Stunden und 1 Minute und 28 Runden (682,33 km) und einem Streckenschnitt von 169,473 km/h (das bislang schnellste Rennen der Saison) triumphierte der gelb-grüne Porsche 911 GT3 R Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3) des Teams Manthey Racing mit Lucas Luhr und Arno Klasen. Auch auf die Ränge 2 und 3 kamen Fahrzeuge der Klasse SP9. Rang 2 für die Trainingsschnellsten Christopher Haase und Frank Stippler im Audi R8 LMS. Dritte: Mike Stursberg, Hans-Guido Riegel und Rene Rast vom Haribo Team Manthey auf einem weiteren Porsche 911 GT3 R.
Auch die schnellste Rennrunde war die schnellste der bisherigen Saison: 8 Minuten und 13,445 Sekunden (Rundenschnitt 177,788 km/h) für den Haribo-Porsche.
Lauf 9 mit dem schnellsten Rennen und der schnellsten Rennrunde der Saison
35. DMV 250-Meilen-Rennen des AC Monheim e.V. DMV am 15. Oktober. Wie beim Lauf zuvor „goldenes Herbstwetter“ aber bei kühleren Temperaturen.
Das schnellste Rennen der Saison - der Streckenschnitt der Sieger betrug 171,692 km/h - sah schließlich Lucas Luhr und Arno Klasen vom Team Manthey Racing im gelb-grünen Porsche 911 GT3 R VLN-Specials-Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3) als Sieger. Zweiter Sieg in Folge. In bisher neun Saisonläufen das einzige Team, das am Ende ganz oben auf dem Gesamtsiegertreppchen stand. Starke Leistung.
Am Ende mußte gerechnet werden. Ein Fall für Mathematiker. Da das Rennen zwischenzeitlich wegen mehrerer Unfälle unterbrochen werden mußte, waren zwei Teil-Rennen zusammenzuzählen. Die Unfälle verliefen für alle Beteiligten zum Glück mehr oder weniger glimpflich. Den Betroffenen gelten selbstverständlich die besten Genesungswünsche der gesamten VLN-Gemeinde. Drei Unfallstellen unabhängig voneinander banden schließlich die gesamte „manpower“ der Streckensicherung. Die Entscheidung der Rennleitung, in dieser Situation das Rennen zu unterbrechen, verdient Respekt und Anerkennung. Alles andere wäre einem „Russisch Roulette“ gleichgekommen.
Platz zwei ging an Chris Mamerow und Armin Hahne vom Team Mamerow Racing auf einem Mercedes SLS AMG GT3, ebenfalls Klasse SP9. Und auch auf dem dritten Podiumsplatz ein Wagen der Klasse SP9. Ein weiterer Porsche 911 GT3 R. Sabine Schmitz und Klaus Abbelen vom Team Frikadelli aus Barweiler in unmittelbarer Nähe zum Ring.
Die schnellste Rennrunde fuhren die Zweitplatzierten Chris Mamerow und Armin Hahne im Mercedes SLS AMG GT3 Klasse SP9. 8 Minuten und 10,968 Sekunden (Rundenschnitt 178,685 km/h) – die schnellste Rennrunde dieser VLN-Saison. Schneller hat keiner in dieser VLN-Saison die 24,369 km lange VLN-Streckenvariante im Rennen umrundet. Bereits im Zeittraining fuhren sie mit 8 Minuten 11,006 Sekunden (Rundenschnitt 178,671 km/h) die bislang schnellste Trainings-Runde der VLN 2011.
Goldenes, weil ausgesprochen sonniges und (an windstillen Plätzen) warmes Oktober-Wetter, brachte trotz vor allem im morgendlichen Zeittraining für die Slick-Reifen zu niedriger Temperaturen, verdammt schnelle Rundenzeiten auf der schönsten aber auch anspruchsvollsten Rennstrecke der Welt hervor. Die nur schwer auf Betriebstemperatur zu bringenden profillosen Rennreifen machten schließlich dem einen oder anderen zu schaffen. Im Zeittraining wie im Rennen.
Das Finalrennen mit neuem VLN-Rundenrekord
Bei ruhigem und mildem Herbstwetter ging am 29. Oktober der letzte Saisonlauf der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring 2011 über die Bühne. Die 36. Auflage des DMV Münsterlandpokal-Rennens – veranstaltet vom MSC Münster e.V. im DMV. In der VLN-Fangemeinde auch als das „Schinkenrennen“ bekannt. Zum letzten Mal in diesem Jahr über die 24,369 km lange Kombination aus Nürburgring-Grand-Prix-Strecke und –Nordschleife. Zum letzten Mal in diesem Jahr durch die „Grüne Hölle“.
36. DMV-Münsterlandpokal. 4-Stunden-Rennen des MSC Münster e.V. im DMV. Zehnter und letzter Lauf der VLN. 166 Nennungen. 165 Fahrzeuge beim Zeittraining.
Ein verhaltener Beginn des Zeittrainings am Samstagmorgen. 8 Minuten 38 Sekunden, 8:24, 8:19, 8:18. Die Zeiten purzeln wie immer zum Ende des Zeittrainings. 8 Minuten 15,4 Sekunden. Eine Ansage. Zehn Uhr. Dann wie immer abwarten. Auf Grund der langen Runde können noch bis Zehn nach Zehn die Rundenzeiten purzeln. Was ist das? 8 Minuten und 4,471 Sekunden. Ein Rundenschnitt von 181,081 km/h. Unglaublich aber wahr! Fehlt vor der Vier eine Eins? Fehlt nicht. Tatsache. Acht Minuten und vier Sekunden – auf dieser Strecke! Lucas Luhr und Marc Lieb im gelb-grünen Porsche 911 GT3 R VLN-Specials-Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3) vom Rennstall des „Ring-Fuchses“ Olaf Manthey. Extrastarke Leistung! Einen schnelleren Rundenschnitt, allerdings auf der 24-Stunden-Streckenvariante (25,378 km) fuhr nur der Trainingsschnellste des diesjährigen 24-Stunden-Rennens Dominik Farnbacher im Ferrari F458 FIA-Klasse GT2. 181,356 km/h. Aber die 24 Stunden sind nicht VLN.
Die bisherige VLN-Rekordrunde datierte aus dem Jahr 2005 (damals 24,433 km). Uwe Alzen im Zeittraining mit dem legendären „Turbinchen“, dem bärenstarken GT-Boliden Alzen-Porsche 911 Turbo mit 8 Minuten und 6,393 Sekunden (Rundenschnitt 180,839 km/h).
Die Zweit-, Dritt- und Viertschnellsten fuhren Acht-Elfer Zeiten und die ersten Neun fuhren unter 8 Minuten und 20 Sekunden. Ein verdammt schnelles Zeittraining.
High Noon in der VLN. Pünktlich um Zwölf erfolgte der Start zum 4-Stunden-Rennen um den 36. DMV-Münsterlandpokal des MSC Münster e.V. im DMV. 160 Rennwagen standen in den drei Startgruppen am Start.
Pech für einen der Publikumslieblinge, das Team Frikadelli aus Barweiler am Ring. Abgerissene Antriebswelle an ihrem Porsche 911 GT3 R Klasse SP9. Der gelb-grüne Manthey-Porsche, von der „Pole“ gestartet baut seinen Vorsprung auf mehr als 30 Sekunden aus, bis er nach gut 2 Stunden ohne Vortrieb im Bereich Hocheichen liegenbleibt.
Gesamtsieger wurden nach 4 Stunden bzw. 28 Runden über insgesamt 682,33 km (Streckenschnitt 169,987 km/h – nach Lauf 9 das zweitschnellste Rennen der Saison) Marc Basseng, Christopher Mies und Michael Ammermüller vom Team Phoenix Racing aus Meuspath am Ring auf einem Audi R8 LMS VLN-Specials-Klasse SP9 (FIA-Klasse GT3). Zweiter Sieg für das Team Phoenix Racing und zweiter Sieg für einen Audi R8 LMS in dieser Saison. Und dritter Sieg für die Marke Audi.
Platz 2 für Chris Mamerow und Armin Hahne vom Team Mamerow Rowe Racing auf einem Mercedes SLS AMG GT3, ebenfalls Klasse SP9. Dritte wurden Edward Sandström, Nico Bastian und Hendrik Vieth vom Team Need for Speed Team Schubert auf einem BMW Z4 GT3, ebenfalls Klasse SP9. Dem gelb-grünen „Dicken“ von Manthey Racing blieb mit 8 Minuten und 11,194 Sekunden (Rundenschnitt 178,602 km/h) noch die schnellste Rennrunde. Die zweitschnellste Rennrunde dieser Saison nach Lauf 9.
Die Meisterschaftsentscheidung
Die VLN weist eine Besonderheit auf. Nicht die hubraumgroßen und bärenstarken Boliden der VLN, die zum Teil deutlich über 500 PS starken „Dickschiffe“ aus den VLN-Specials-Klassen SP7, SP8, SP8T, SP9 (FIA-Klasse GT3), SP10 (SRO-Klasse GT4) und E1-XP kämpfen um die Meisterschaft. Meisterschaftsfavoriten sind Fahrzeuge aus seriennahen und hubraumkleinen Klassen. Der Grund ist eine Besonderheit im sportlichen Reglement der VLN.
Die VLN lebt seit ihrer Gründung 1977 von einer Gruppen- und Klassenvielfalt. In der aktuellen VLN fahren Tourenwagen und GT-Wagen (fast) aller Gruppen und Klassen. Von seriennahen Tourenwagen mit hubraumkleinen Saugmotoren bis zu Tourenwagen und GT-Wagen mit Turbomotoren und großvolumigen Saugmotoren, aufgebaut nach relativ freizügigen Reglements. Limousinen neben Coupés. Ottomotoren neben Dieselmotoren. Fahrzeuge mit alternativen Treibstoffen und Gas- und Hybridfahrzeuge. Turbomotoren neben Saugmotoren. Vier-, Fünf- und Sechszylinder neben V8-, V10- und V12-Zylindertriebwerken. Front-, Mittel- und Heckmotoranordnungen. Vorderrad-, Hinterrad- und Allradantrieb. Mit einer derartigen Vielfalt kann keine andere Rennserie aufwarten. Dementsprechend komplex ist auch die Gruppen- und Klasseneinteilung der VLN.
Auch wenn die Boliden der Klassen SP7, SP8, SP8T, SP9, SP10 und E1-XP regelmäßig um die Gesamtsiege in den Rennen der VLN fahren, die Meisterschaft machen andere unter sich aus. Die VLN ist entsprechend ihrer Entstehungsgeschichte und ihrem Selbstverständnis eine Breitensportserie, auch wenn an der Spitze inzwischen professionelle Rennställe um die Siege in den zehn Rennen fahren. Darauf ist das Punktesystem ausgerichtet. Die meisten Punkte erhält das Team, das in seiner Fahrzeugklasse die meisten Wettbewerber schlagen konnte. Da in den eher seriennahen und eher hubraumkleinen aber auch kostengünstigeren Klassen mehr Teilnehmer am Start sind, werden dort auch mehr Meisterschaftspunkte vergeben als in den „großen“ Klassen. Somit sind es nicht die Protagonisten um die Gesamtsiege, die in der Meisterschaftstabelle vorn liegen, sondern Fahrzeuge die bei den Rennen eher in der zweiten oder dritten Startgruppe ins Rennen gehen.
Die Meister der VLN standen schon seit Lauf 9 fest. Kein Fahrzeug der sogenannten „Top“-Klassen, sondern durch das spezielle VLN-Reglement bedingt, ein Fahrzeug aus den teilnehmerstarken Klassen im Mittelfeld der VLN: Carsten Knechtges, Manuel Metzger und Tim Scheerbarth vom Team Black Falcon TMD Friction auf einem BMW Z4 VLN-Serienwagen-Klasse V5 (bis 3 Liter). Dahinter Dominik Brinkmann und Stephan Epp auf einem Renault Clio Cup VLN-Cup-Fahrzeuge Klasse Cup3. Und schließlich die Vorjahresmeister Mario Merten und Wolf Silvester vom Team Bonk Motorsport auf einem BMW 325i VLN-Serienwagen-Klasse V4 (bis 2,5 Liter).
Die VLN-Junior-Trophäe ging ebenfalls an die neuen Meister Carsten Knechtges, Manuel Metzger und Tim Scheerbarth vom Team Black Falcon TMD Friction auf einem BMW Z4 VLN-Serienwagen-Klasse V5 (bis 3 Liter).
Und auch der VLN-Serienwagen-Cup ging an die neuen Meister.
Die Renault Sport Speed Trophy mit den Renault Clio Cup VLN-Cup-Fahrzeuge Klasse Cup3 holten sich Dominik Brinkmann und Stephan Epp vom Team Sesterheim Racing.
Und Heiko Fulsche und Walter Nawotka auf ihrem Seat Leon Supercopa VLN-Specials-Klasse SP3T (Turbos bis 2 Liter) wurden Sieger im Seat Motorsport Pokal.
Servus Strietzel
Einer der ganz Großen des internationalen Automobil-Rennsports hing nach dem diesjährigen 24-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife seinen letzten Helm an den berühmten Nagel. Hans-Joachim „Strietzel“ Stuck beendete im Alter von 60 Jahren seine aktive Laufbahn. Damit schließt sich auch der Kreis. Strietzel sammelte schon als junger Bursche erste Erfahrungen in der „Grünen Hölle“, da sein Vater dort Fahrerlehrgänge abhielt.
Das 24-Stunden-Rennen vom Nürburgring 2011 bildete nunmehr den Abschluß seiner langen und sehr erfolgreichen aktiven Laufbahn. Mit seinen Söhnen Johannes und Ferdinand sowie Dennis Rostek fuhr er auf einem vom Rennstall von Hans Reiter eingesetzten Lamborghini Gallardo LP 600 GT3 als Team Stuck³ auf P15 im Gesamtklassement.
Wie sieht Strietzels Bilanz nach über 40 Jahren im aktiven Motorsport aus? Strietzel fuhr fast alles, was in den letzten vier Jahrzehnten bei Rundstreckenrennen am Start war. Spezial-Tourenwagen der Gr.2 und Spezial-Produktionswagen der Gr.5 sowie Formel 2 und Formel 1 in den 70er Jahren. Tourenwagen der Gr.A und Prototypen der Gr.C in den 80er Jahren und danach Tourenwagen, GT-Wagen und Prototypen querbeet durch alle Gruppen und Klassen. Mit seinem „Popometer“ hatte er alle Boliden im Griff. Von 1974 bis 1979 insgesamt 6 Jahre in der Formel 1 – Weltmeisterschaft mit 74 Grand Prix, 29 WM-Punkten und 2 Podestplätzen sowie WM-Rang 11 (1977). 2 Le Mans-Siege (1986 und 1987 im Porsche 962). 3 Siege bei den 24 Stunden vom Nürburgring (1970, 1998 und 2004) und insgesamt 5 Jahre in der DTM (1984, 1990-92) und der ITC (1996). Strietzel, was willst Du mehr? Zumal die dritte Generation der Rennfahrer-Dynastie Stuck – Johannes und Ferdinand – sich anschickt in Vaters und Großvaters Fußstapfen zu treten.
Aber so ganz glauben wir es noch nicht, daß der lange „Strietzel“, wie ihn seine schlesische Großmutter nannte, vom Rennfahren lassen kann. Warten wir es ab.
Vor allem und das ist wichtiger als all seine herausragenden sportlichen Erfolge – der Strietzel ist sich immer treu geblieben. Eben der nette große Junge von Nebenan. Der Lausbub aus den Bergen. Ein Kind seiner Zeit und seiner Rennfahrergeneration.
Im Fokus: Die GT-Wagen der Klasse GT3
Privatfahrer, Privatiers, Amateure oder wie man sie auch immer nennen mag, sind nach wie vor sowohl das Gros der Motorsportler als auch vor allem die Basis des Motorsports. Das trifft in besonderem Maße auf die VLN zu. Die Form des Hersteller- oder Werkssports hat sich aber in den zurückliegenden Jahrzehnten gewandelt. Heute haben die meisten Hersteller keine Sportabteilung im klassischen Sinne mehr. Werkseinsätze oder werksunterstütze Einsätze im Motorsport werden lediglich durch einen kleinen Stab von Strategen gesteuert, die dabei eng mit der Marketingabteilung des Hauses zusammenarbeiten. Denn Werkssport ist heute längst Bestandteil des Produkt- oder Imagemarketings des Herstellers. Die reinen Rennaktivitäten vor Ort an den Rennstrecken sowie die dafür notwendigen Testfahrten sind längst an externe Dienstleistungsunternehmen ausgelagert. Dabei handelt es sich um Rennstallunternehmen mit gewachsenen Strukturen, die zum Teil schon über mehrere Generationen, zum Teil mit auch mit wechselnden Eigentümern geführt werden. Das sind kleine und flexible Unternehmen mit riesigem „know how“ und der passenden Logistik in Sachen Motorsport. Oft werden auch schon die Entwicklungen der Rennfahrzeuge an derartige Unternehmen vergeben.
Zusätzlich gibt es die Kundensportprogramme der Hersteller. Kann man dabei von Werkssport sprechen? Es kommt auf den konkreten Fall an. Kundensport ist nicht gleich Kundensport. Der eine Hersteller lehnt sich dabei sehr weit aus dem Fenster, so daß man fast von verkappten Werkseinsätzen sprechen kann, der andere möchte nur das Fahrzeug stellen und den Rest seinen Kunden überlassen. Eine klare Abgrenzung zum reinen Privatier fällt schwer. Die Grenzen sind fließend und Schubladendenken in alten Strickmustern (Werksteam gegen Privatier) fällt heute schwerer denn je. Wo hört der Amateursport auf und wo fängt der Werkssport an? Die Frage kann man so nicht beantworten.
Die VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring kennt mittlerweile auch diverse Kundensportprogramme. Insbesondere durch die Einbeziehung der GT-Wagen der FIA-Klasse GT3 als VLN-Specials der Klasse SP9 zogen ab 2009 auch in die VLN die unterschiedlichsten Kundensportprogramme ein. Der internationale Automobilsport-Verband FIA definiert diese Klasse als Cup-GT-Wagen. Das war seinerzeit auch der ursprüngliche Ansatz: Eine Klasse aus den in Markenpokalen gefahrenen seriennahen GT-Wagen zu schaffen. In Abgrenzung zu den GT-Wagen der Klassen GT2 und GT1 mit ihren freizügigeren Reglements. Aber auch in Abgrenzung zur SRO-Klasse GT4. Die Klasse GT4 sind sehr seriennahe GT-Wagen und finden sich in der VLN als Klasse SP10 wieder.
Seit 2009 fahren die GT3 als SP9 auch in der VLN. Und sie haben auf Anhieb für Furore gesorgt. 2011 kamen dabei folgende Modelle bei den Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife zum Einsatz: Porsche 911 GT3 Cup S, Porsche 911 GT3 R, Audi R8 LMS, Mercedes AMG SLS GT3, BMW Z4 GT3, Lamborghini Gallardo LP 600.
Waren zum Saisonauftakt 15 Fahrzeuge der SP9 am Start, so waren es beim zweiten Saisonlauf schon deren 21, beim dritten 14, beim vierten 27 und beim fünften nur 3 (aus dem hinlänglich bekannten Grund: Verzicht auf einen Start so kurz vor dem 24-Stunden-Rennen). Beim Eifel-Marathon waren dann aber wieder 26 Fahrzeuge in der SP9 am Start.
Die Größe des Luftmengenbegrenzers, das Mindestgewicht und die Reifendimensionen werden durch die FIA für jedes Fahrzeugmodell festgelegt. Ziel ist eine größtmögliche Chancengleichheit.
Die Technik-Kommission des nationalen Motorsport-Verbandes DMSB, der Veranstaltergemeinschaft der Langstreckenmeisterschaft Nürburgring und des ADAC Nordrhein - als Veranstalter des 24-Stunden-Rennens - nimmt ihrerseits Einstufungen der Fahrzeuge der sogenannten „Top-Klassen“ vor. Dazu zählen nicht nur die SP9, sondern auch die SP7, SP8, SP10 (GT4) und die E1-XP. Den Einstufungskriterien unterliegen auch, die in den Klassen SP3T und SP8T startenden Fahrzeuge mit Turbomotoren. Dabei werden Luftmengenbegrenzergrößen, Mindestgewichte und Tankinhalte immer wieder neu angepaßt. Eine komplexe und diffizile Aufgabe. Zudem werden für jeden Fahrzeugtyp und jedes Fahrzeug die Motorleistungen (gemessen auf dem Motor- und dem Rollenprüfstand) festgelegt.
Tatsächlich ernsthafte Wettbewerber für die SP9 (GT3) sind allenfalls die in den Klassen SP7, SP8 und E1-XP startenden Fahrzeuge der FIA-Klasse GT2. Auf der anderen Seite sollte man die Rolle der SP9 auch nicht überbewerten. Neben der Papierform, also dem Datenblatt eines Rennfahrzeuges ist letztlich auch immer das Gesamtpaket entscheidend. Also die sog. „Performance“ des Teams, dessen Erfahrung und „know how“ sowie die Fahrerbesetzung. Bei letzterer sind das Optimum Profi-Fahrer mit hinreichend Nordschleifenerfahrung.
Die Crux liegt wie so oft im Detail. BoP- („Balance of Performance“) Reglements, in welcher Rennserie auch immer, verfolgen das Ziel die Spitze breiter zu machen und damit mehr potentielle Sieganwärter zu haben. Das bringt Spannung und damit mehr Hersteller und in der Folge mehr Zuschauer und mehr Medienberichterstattung. Die Schwierigkeit liegt dann in der Umsetzung des BoP-Reglements. Vor jedem Rennen müssen immer wieder aufs Neue die Einstufungen angepaßt werden. Und genau an dieser Stelle zeigen sich das Können und das „handwerkliche“ Geschick der Serienveranstalter. Mißt man das Ergebnis an der Klassen-, Marken- und Typenvielfalt an der Spitze, kann man nach zweieinhalb Jahren BoP-Reglement in der VLN feststellen, daß dies den Regelmachern anscheinend gelungen ist.
In den meisten Rennwagen-Gruppen und -Klassen der FIA wird ein Basisfahrzeug in der Serie homologiert. Dann sehen die Technischen Reglements der einzelnen Gruppen und Klassen mehr oder weniger umfangreiche Änderungen vor, d.h. aus einem Serienwagen wird ein Rennwagen entwickelt. Das GT3-Reglement geht den umgekehrten Weg. Dort wird quasi der GT3-Rennwagen homologiert. Da die Hersteller ihre Fahrzeuge ständig weiterentwickeln sind auch immer wieder neue Anpassungen notwendig. Zudem gibt es ein technisches Problem: Die Serienmotoren der Sportwagen vertragen sich nicht immer gut mit Luftmengenbegrenzern. Erneute Anpassungen von Herstellerseite erhöhen zwangsläufig auch wieder die Kosten. Ausgangspunkt für die Schaffung der GT3 war seinerzeit die Idee von kostengünstigen Serien-GT-Wagen.
Auf der anderen Seite ist der Boom bei den GT3 unverkennbar und die Hersteller freut es. Sie haben ihre Kundensportprogramme darauf abgestimmt. Nicht daß ein falscher Eindruck entsteht, Kundensportprogramme gibt es auch in anderen Klassen. Beispielsweise das durchaus sehr gut gemachte Projekt mit dem Audi TT RS. An diesem Projekt arbeitet die Kundensportabteilung von Audi mit dem Rennstall von Martin und Nicolas Raeder. Hier soll es aber um die Kundensportprojekte in der GT3 gehen.
Seit Beginn dieses Jahres verantwortet die Audi quattro GmbH zusätzlich den Bereich Kundensport der Audi AG. Technische Entwicklung, Fertigung, Vertrieb und Kundenbetreuung werden künftig von der 100-prozentigen Tochter der Audi AG übernommen. Dazu zählt neben dem bereits etablierten Audi R8 LMS eine Rennversion des Audi TT RS in der Klasse SP4T. Der TT RS absolviert 2011 sein planmäßiges Testjahr und wird voraussichtlich ab 2012 an Kunden ausgeliefert. Mit dem R8 LMS hat Audi erstmals einen Rennwagen explizit für den Kundensport entwickelt. Audi-Kunden mit dem R8 LMS in der SP9 sind die Audi Sport Teams Abt Sportsline und Phoenix, die beide auch erfolgreich in der DTM-Serie als „Herren der Ringe“ antreten. Unter dem Label Audi race experience erhalten Audi-Kunden direkt über Audi die Möglichkeit ins Lenkrad eines R8 LMS zu greifen.
Ende der 90er Jahre war vor allem Porsche die treibende Kraft hinter der Wiederbelebung des Rennsports mit GT-Wagen. Seitdem hat sich eine erfolgreiche Kooperation mit Kundenrennställen etabliert. Mit dem Porsche 911 GT3 Cup S bzw. dem Porsche 911 GT3 R fahren in der VLN derzeit die Teams Manthey, Frikadelli, Pinta, Falken, Alzen, Rowe, Car Collection, Mühlner und De Lorenzo. Porsche unterstützt ähnlich wie Audi seine Kundenrennställe auch mit Rennfahrern. 2011 umfaßt der Kader der Porsche Werksfahrerkader neun international erfahrene Fahrer, die zum Teil auch auf Kundenfahrzeugen zum Einsatz kommen. Die Porsche in der GT3 zählen inzwischen zu den erfolgreichsten Kundensport-Rennwagen im GT-Sport überhaupt. Eine besondere Rolle kommt dabei dem Team von Olaf Manthey als langjährigem Entwicklungspartner der Porsche-Sportabteilung bei den GT-Wagen zu. Manthey Racing ist gleich mit drei 911 GT3 R in der SP9 vertreten. Durch den Sitz des Teams im Gewerbegebiet Meuspath – in Steinwurfweite zur Nordschleife – verfügt Porsche Motorsport hier über einen Vorposten am Ring. Ähnlich wie für Audi das ebenfalls in Meuspath ansässige Team Phoenix.
Die Mercedes-Tochter AMG AG entwickelte und produziert gemeinsam mit dem Rennstall HWA, der den „Stern“ in der DTM-Serie repräsentiert den Mercedes AMG SLS GT3. Nachdem HWA selbst die ersten Einsätze des SLS in der letztjährigen VLN gefahren ist, hat man sich nunmehr auf die Betreuung der AMG-Kundenrennställe wie Mamerow, Rowe, Black Falcon, Heico, Horn und Race & Event konzentriert. Maßgeblich in die Betreuung der Kunden eingebunden sind so erfahrene und prominente Fahrer wie die früheren DTM-Fahrer Bernd Schneider und Thomas Jäger. AMG bzw. HWA unterstützt die Kundenrennställe im Zuge einer bestmöglichen Kundenbetreuung auch damit, daß Thomas Jäger als Testfahrer abwechselnd bei den Teams zum Einsatz kommt.
BMW fährt derzeit noch zweigleisig. Einerseits setzt die Sportabteilung von BMW gemeinsam mit dem Rennstall Schnitzer, der zukünftig auch die BMW-Farben in der DTM-Serie vertreten wird, den BMW M3 GT2 in der Klasse E1-XP ein. Hier kann man durchaus von einem offiziellen Werkseinsatz sprechen. Andererseits ist BMW im vergangenen Jahr, also später als andere Hersteller, mit einem Kundensportprojekt in die Klasse GT3 eingestiegen. Fahrzeug: Der BMW Z4 GT3. Derzeitige Kunden: Die Teams Schubert und Dörr. Vielleicht wird auch BMW in der kommenden Saison ebenfalls nur auf das GT3-Kundensportprojekt mit dem Z4 setzen und dabei seinen Kunden die notwendige Unterstützung gewähren. BMW verweist darauf, daß Kundenrennställe bei der Marke mit dem blau-weißen Logo immer gut aufgehoben sind, da der Kundensport mit Tourenwagen und GT-Wagen schon immer Teil der BMW-Philosophie war.
Welcher Hersteller unter dem Strich das beste GT3-Kundensportprojekt hat und seinen zahlenden Kunden den besten GT3-Boliden auf die breiten Walzen stellt, kann wahrscheinlich nur ein Vergleich der Stiftung Warentest ermitteln. Neben einer vielleicht schon länger bestehenden erfolgreichen Partnerschaft eines Teams mit einem entsprechenden Hersteller, sind auch die technischen Daten, die bisherigen Erfolge des Fahrzeugs mit anderen Teams in anderen Rennserien und schließlich auch die Anschaffungs- und Einsatzkosten entscheidend.
Und wie sieht es mit den Fahrleistungen aus? Vergleicht man die Rundenzeiten der GT3 mit denen der GT2 oder GT1 auf verschiedenen Rennstrecken und verschiedenen Rennserien, stellt man fest, daß es keine großen Unterschiede gibt. Auf dem Nürburgring-GP-Kurs lagen beim gemeinsamen Rennwochenende der der ADAC GT Masters und der FIA GT1 im vergangenen Jahr die Qualifying-Zeiten der jeweils Schnellsten nur gut 4 Sekunden auseinander. In der VLN liegen die Rundenzeiten der GT3 und der GT2 auf einem Level. Und innerhalb der GT3? AMG-Mercedes, Porsche und Audi unterschieden sich je nach Streckenabschnitt, Witterungs- und Fahrbahnverhältnissen. Da kann mal der eine und mal der andere etwas im Vorteil sein. Das hat aber eher mit den unterschiedlichen Fahrzeugkonzepten als mit Fehlern in der Einstufung zu tun. BMW schließt allmählich die Lücke zur Spitze in der SP9. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, daß der Z4 GT3 im nächsten Jahr auf Augenhöhe mit den anderen fährt.
Will ein Team in der VLN um Gesamtsiege fahren, soll es dann auf einen Kundensportwagen der Klasse GT3 oder auf ein eher reinrassiges Rennfahrzeug der Klasse SP7 oder SP8 setzen? Das kommt natürlich auch auf das im Rennstall vorhandene „know how“ und die Erfahrungen auf der Nordschleife sowie beim Aufbau von Rennfahrzeugen an. Ein (fast) komplett einsatzfähiger Rennwagen „von der Stange“ hat mit Sicherheit seine Vorteile, wenn man den für einen Komplettaufbau notwendigen Aufwand scheut. Macht man allerdings eine saubere Kalkulation unter Berücksichtigung aller Nebenkosten auf, kann man vielleicht keinen Unterschied mehr erkennen. Zum Zünglein an der Waage wird dann das (BoP-) Reglement, sofern es die eine oder andere Klasse bevorteilt. Wenn es in den vergangenen beiden Jahren etwas holprig war, so muß man dagegenhalten, daß ein derart komplexes Reglement auch eine gewisse Zeit braucht, um alle Stellschrauben mit dem richtigen Drehmoment anzuziehen. Der bisherige Saisonverlauf der VLN und das 24-Stunden-Rennen lassen einen derartigen Verdacht allerdings nicht aufkommen, was wiederum für die Arbeit der Technikkommission spricht.
Quo vadis VLN ?
Motorsport ist ein technischer Sport. Die Entwicklung und Weiterentwicklung von konkurrenzfähigen technischen Lösungen kostet Geld. Je nach Rennserie und Fahrzeuggruppe oder –klasse viel oder sehr viel Geld. Auch wenn es in nationalen Serien und im Breitensport nicht um acht- oder neunstellige Euro-Beträge geht. Eine Saison in der VLN oder der ADAC GT Masters kommt je nach Klasse auch locker in Bereiche im oberen sechsstelligen Bereich pro Fahrzeug und Saison. Von DTM und Formel 1 ganz zu schweigen. Mit einem ab Hersteller „von der Stange“ zu beziehenden Rennwagen der Klasse GT3 liegt man schon mal im unteren bis mittleren sechsstelligen Bereich. Das ist aber nur die Anschaffung des Fahrzeugs. Hinzu kommen die Einsatzkosten über eine komplette Saison. In diese fließen neben dem Aufwand für Material (Neuteile, Ersatzteile), den Aufwendungen für Kraftstoff, Öl etc. vor allem die Personalkosten ein. Wie bei jedem Unternehmen sind zumeist die Personalkosten die größte Kostenposition. Gute Leute sind in der Szene rar und werden entsprechend umworben und abgeworben.
Herstellersport bzw. Werkssport erhöht natürlich die Kosten. Für die Hersteller ist Motorsport Teil ihres Image- oder Produktmarketings. Ein Hersteller möchte seine Produkte (Fahrzeuge, Zubehör) auf der Rennstrecke bestmöglich bewerben, um diese zu verkaufen. „Win on sunday, sell on monday“ sichert letztlich Arbeitsplätze, auch am Wirtschaftsstandort Deutschland. Unsere Arbeitsplätze. Auch das sollte man immer im Bewußtsein haben. Polemik ist bei diesem Thema fehl am Platz. Motorsport ist nicht nur ein Sport, sondern auch ein Wirtschaftsfaktor, der Arbeitsplätze schafft. Qualifizierte Arbeitsplätze.
Privatfahrer betreiben ihren Sport als Hobby aus Leidenschaft und können dann oftmals bei der Finanzierung der steigenden Aufwendungen früher oder später nicht mehr mithalten. Schwierig wird es dort wo Privatiers und Hersteller gleichermaßen fahren. Hier ist der Serienveranstalter gefordert durch das sportliche und das technische Reglement zumindest teilweise einen Ausgleich zu schaffen. Das gelingt den Veranstaltern von Rennserien unterschiedlich gut. Man kann aber tatsächlich beides „unter einen Hut“ bringen. Der VLN ist das bisher immer gelungen.
Augenmaß und Obacht der Verantwortlichen sind latent gefragt. Die Kosten dürfen nicht „aus dem Ruder laufen“. Das Fundament ist solide. Die Wände müssen trocken bleiben. Eine Sanierung durch Mauerwerkstrockenlegung wird dann richtig teuer. Das ist zwar jetzt nicht notwendig, aber der Gefahr muß man sich bewußt sein.
Die Fangemeinde ist sehr treu, aber auch kritisch. Man beobachtet, beurteilt und kritisiert. Ob immer zu Recht sei dahingestellt. Es kann aber manchmal ein hilfreicher Fingerzeig sein.
Auf der anderen Seite gilt: Vertrauen haben! Die VLN hat in ihren 35 Jahren immer ein richtiges „Händchen“ bewiesen bzw. auf Entwicklungen reagiert. So alt werden die wenigsten Rennserien.
Faszination VLN
Immer wieder Samstag. Fußball in Deutschland. VLN in der Eifel. So wie Fußball-Fans bundesweit in die Stadien gehen, kommen die VLN-Fans in die Eifel an DEN „Ring“. Die VLN – oder wie die Urgesteine und Eifler sagen „die Langstrecke“ – hat Suchtpotential. Wer auch nur einen Hauch von „Benzin im Blut“ hat und dann einmal im Brünnchen oder im Pflanzgarten an der Strecke gestanden hat, kommt immer wieder. Definitiv. Wer auch nur einmal die Nordschleife unter die Räder genommen hat, tut es immer wieder. Definitiv. So wurden schon VLN-Fahrer „geboren“. Erst Zuschauer, dann Touristenfahrten, vielleicht auch Streckenposten, Freunde gefunden, Fahrzeug aufgebaut, GLP, RCN. Und dann vielleicht VLN?
Namen, bei denen VLN-Fans „Gänsehaut“ bekommen: Hatzenbach, Flugplatz, Adenauer Forst, Metzgesfeld, Wehrseifen/Breidscheid, Klostertal/Karussell, Hohe Acht/Wippermann, Eschbach/Brünnchen, Pflanzgarten, Schwalbenschwanz. Kultnamen.
Die VLN ist Kult. „Hardcore“-Fans kommen schon am Freitag zu den Einstellfahrten, dem sogenannten Freien Training. Der eine fährt 10 Minuten bis zum Ring. Der andere mehrere Stunden. Egal wie weit. Nordschleife ist Kult. Manch einer ist schon mehrere Stunden auf der Autobahn unterwegs, die er dann über Kreuz Meckenheim, über Wehr, Mayen oder Ulmen verläßt. Vor sich die Renntransporter auf dem Weg zum Ring. Vorbeiziehen. Vor ihnen am „Ring“ sein. Tanken auf der Döttinger Höhe. Bücher, Modellautos en gros und en détail. Auch der Gelb-Grüne ist dabei. Samstagmorgen. Zeittraining. Offenes Fahrerlager. In den Boxen den Mechanikern über die Schultern schauen. Ab gehts in die Startaufstellung. Einführungsrunde. Erste Startgruppe fliegt über Start und Ziel. Mit dem Auto zum Pflanzgarten …
Die Spitze kommt. Mamerow-SLS dicht gefolgt vom gelb-grünen Manthey und dem Phoenix-R8. Da paßt kein Blatt Papier dazwischen. Pflanzgarten-Sprung. Nach wenigen Sekunden folgt eine weitere „Kampfgruppe“: Black Falcon-SLS und Rowe-SLS, dazwischen im „Sandwich“ der Goldbärchen-Porsche. Auch die kann man „mit einem Handtuch zudecken“. Dahinter der Schubert Z4 und die Frikadelle. Tack, tack, tack. In Sekundenabständen fliegen sie über den Sprung. In dem Moment sind alle Diskussionen um BoP, um Kosten, um GT3, um … wie weggewischt. Das ist einfach nur schön. EINFACH SCHÖN. Faszination VLN.
Keine Parklücke frei bei den Supermärkten in Adenau. Irgendwo am Straßenrand parken. Paßt schon. Breidscheider Brücke …
Abends Benzingespräche in der Pistenklause, im Paddock, in Adenau, in Müllenbach, in …
Sonntags noch nach Maria Laach – einfach genießen - und in drei Wochen wieder am „Ring“. VLN ist Kult. Immer Samstag. Immer wieder. „Lieber Nürburgring als Ehering.“ – geht sowohl als auch. Geht aber auch entweder oder. Faszination VLN.
Das Fazit der Saison
Zehn Rennen. Neun verschiedene Sieger. Auch wenn der eine oder andere immer noch die eine oder andere kleine Ecke und Kante des „Balance of Performance“- (BoP)-Reglements bemängelt, im Großen und Ganzen zeichnet sich im Jahr 3 nach Einführung eines sogenannten BoP-Reglements in der VLN eine gelungene Umsetzung ab. Gelungener als in manch anderer Rennserie, die ebenfalls ein BoP-Reglement verwendet. Insofern haben die für das sportliche und das technische Reglement Verantwortlichen der Veranstaltergemeinschaft mit viel Fingerspitzengefühl einen sehr guten „Job“ gemacht. Ein Sachverhalt, der in jedem Fall der Erwähnung wert ist.
Mitten in der Saison ging auch ein Wechsel an der Spitze der VLN GbR vonstatten. Bei der Jahreshauptversammlung am 5. Juli hat sich der Vorstand der VLN neu formiert. Die Geschäftsführung mit Schwerpunkt operative Belange und Finanzen übernahm Dietmar Busch. Für den Bereich Marketing zeichnet jetzt Karl Mauer als weiterer Geschäftsführer verantwortlich. In seinem Amt als stellvertretender Vorsitzender der Gesellschafter wurde Rolf Krimpmann bestätigt. Busch und Mauer folgten am 1. August als Geschäftsführer Robert Rust und seinem Stellvertreter Bernd Burkhard, die von 2008 bis 2011 für die VLN tätig waren.
„Wir danken Robert Rust und Bernd Burkhard für ihre hervorragende Arbeit“, sagte Hans Jürgen Hilgeland, Sprecher der VLN Gesellschafter. „Sie haben die VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring in den letzten drei Jahren einen großen Schritt nach vorne gebracht …“
In 35 VLN-Saisons sind auch immer wieder Fahrer, Fahrzeuge und Teams gegangen und gleichzeitig neue gekommen. Manchmal durch ein neues technische Reglement bedingt, manchmal wegen des schnöden Mammons und manchmal einfach so oder was auch immer Grund sein mochte. Tokai-dp 935, Zakspeed Viper, Getrag-BMW, Turbinchen, Manthey 996 MR, Ford GT … der jetzt schon legendäre gelb-grüne Manthey (die Modellauto-Preise werden steigen). Abschied ist oft auch eine Chance für einen neuen Anfang. Vielleicht vergöttert man im kommenden Jahr das „Goldbärchen“ oder wen auch immer. Abwarten und im Winter heißen Tee trinken oder wie sagte einst der „Kaiser“ des deutschen Fußballs: „Schaun mer mal, dann sehn mer scho.“. Eines ist sicher: Im Frühjahr stehen die neuen Idole der VLN 2012 in der Startaufstellung. Wer fährt wo? Wer in welchem Team? Kommen die mit dem …? Antworten auf diese und alle weiteren Fragen ergeben sich in den nächsten fünf Monaten.
Superlative werden oftmals inflationär benutzt. Ein Vergleich unterschiedlicher zeitlicher Epochen „hinkt“ immer. Das gilt im Großen wie im Kleinen: Wer ist der beste Formel 1- Fahrer aller Zeiten? Nimmt man dafür nur statistische Zahlen, wie Weltmeistertitel oder Grand-Prix-Siege oder bewertet man auch die Charaktere und Persönlichkeiten, den unterschiedlichen Stand der Technik und vor allem die Einstellung zum puren Rennfahren an sich (die schnellste Trainingsrunde am absoluten Limit als höchste Kunst des Rennfahrens). Immer Ansichtssache. Gleiches gilt auch für Rennserien, wie die VLN. Die Meinungen reichen von „früher war alles besser“ bis zu „so gut wie heute, war es noch nie“. Meist liegt wie so oft im Leben, die Wahrheit irgendwo dazwischen – es gibt nicht nur Schwarz und Weiß sondern jede Menge Grautöne, was nicht negativ gemeint ist. Grau war die VLN 2011 keinesfalls. Im Gegenteil. Farbenfroh und formenfroh. Somit kann man festhalten: Es war definitiv eine ausgesprochen spannende und zum Teil auch überraschende Saison und macht Lust auf Mehr im Jahr 2012. Es war erlebte Faszination. Faszination VLN 2011.

Fotos: Ring1 (Björn Schüller, Christian Moskopp, Daniel Eckel, Hardy Elis, Christian Reinsch)

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